23.10 Antrag von Karl Kraus auf Einleitung der Voruntersuchung gegen Emmerich Békessy, Fritz Kaufmann und weitere unbekannte Täter wegen Ehrenbeleidigung [sowie] Antrag auf Vornahme einer Hausdurchsuchung (Landesgericht für Strafsachen I Wien, G.Z. XXVI 7288/25)

Materialitätstyp:

  • Durchschlag
Datum: 14. November 1925
Stempel: Landesgericht für Strafsachen
Seite von 4

XXVI 2/288/25

An dasLandesgericht f. Strafs. I.Wien.

Privatankläger: Karl Krauss, Schriftsteller, Wien III. HintereZollamtsstrasse 3 durch:VolImacht ausgewiesen zu Vr XXVI 4093/25

Beschuldigte: 1.) Emmerich Bekessy, Herausgeber der „Stunde“ undBörse“. Wien VI. Linke Wienzeile 88 2.) Dr. Fritz Kaufmann, verantwortlicher Schriftleiterder „Stunde“ in Wien VIII. Piaristengasse 56 3.) Weitere unbekannte Täter.

wegen Ehrenbeleidigung 1 fach.2 Beilagen

Antrag auf Einleitung der Voruntersuchung und Vornahme einerHausdurchsuchung.

In der Nummer 794 des dritten Jahrganges der „Stundevom 30. Oktober 1925 Seite 5 (Beilage /A) erschien unter demTitel „Karl Kraus, der Kämpfer“ ein Artikel in welchem, wie aus derUeberschrift, aus der Behauptung, dass ich hiezu eine Vollmachterteilt habe, so wie aus dem Hinweis auf die „Kampfmethodendieses Ethikers“ hervorgeht, ich beschuldigt werde zu einerBeamtenbestechung in Budapest angestiftet zu haben.

Alle in diesem Artikel vorgebrachten Behauptungen sindunwahr. Die Beschuldigung gegen mich ist falsch. Der Artikel beinhaltet daher das Vergehen des § 487 St.G. Der Tat dringendverdächtig, sei es als Täter selbst oder als Mitschuldige sindHerr Emmerich Bekessy und Herr Dr. Fritz Kaufmann und ein mirunbekannter ungarischer Korrespondent, wenn es überhaupt wahrist, dass ein Telegramm des behaupteten Inhaltes aus Budapest gekommen ist.

Diese Behauptung wurde auch in der Nr. 795 des drittenJahrganges der „Stunde“ vom 31.X.1925 Seite 6 wiederholt.

Dass die vorgebrachten Behauptungen der „Stunde“ erdichtetsind, ergibt sich auch aus dem Umstande, dass es einen Anwaltgleichen Namens ausser dem in Budapest VII Rakoczy utca 70 wohnhaften Rechtsanwaltes Dr. Miksa Rosenberg nicht gibt undniemals gegeben hat, ein solcher niemals in strafgerichtlicheoder disziplinäre Untersuchung gezogen wurde, ferner dass niemalseine Strafamtshandlung gegen einen Anwalt in Budapest wegenVersuches der Beamtenbestechung aus dem Anlasse des AnsuchensAkten in meinem Namen zu bekommen erfolgte. Nach meinem Dafür-halten ist überhaupt zu bezweifeln, ob ein derartiges Telegrammaus Budapest eingelangt ist.

Ich beantrage die Einleitung der Voruntersuchunggegen Emmerich Bekessy und Dr. Fritz Kaufmann, wegen Vergehens derEhrenbeleidigung nach § 487 St.G.

Abhörung der Beschuldigten ob sie den Artikel ge-schrieben oder vor der Drucklegung gelesen und zum Duck be-

fördert haben.

Ferner die Vornahme einer Hausdurchsuchung noch vor derAbhörung unter Zuziehung meines Anwaltes Dr. Oskar Samek, Rechts-anwalt Wien I. Schottenring 14 und insbes. Nachforschung nach demangeblich aus Budapest angekommenen Telegramm mit dem inkriminier-ten Inhalte und Erhebung des Absenders desselben.

Karl Kraus.

KrausStunde § 487 (E.B.) 14.XI.25