85.3 Brief WIPAG an Verlag Die Fackel

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Wipag
JASOMIRGOTTSTRASSE 2
WIEN
Datum: 6. Mai 1927
Diktiersigle: H

Empfänger

An: Verlag „Die Fackel“
Hintere Zollamtstr. 3
Wien, III.
Seite von 1

Sie haben uns ein Plakat zum Anschlagen übergeben. Wirmassen uns selbstverständlich keinerlei Kritik oder Zensur der Plakatean. Diese Kritiklosigkeit hat aber ihre Schranke im Strafgesetz. Wennnämlich im Inhalte eines Plakates möglicherweise ein strafgesetzlich ver-pönter Tatbestand gegeben ist und durch das Anschlagen eine Mitschuldder Plakatierungsunternehmung entstünde, so kann dem verantwortlichenLeiter dieser Unternehmung wohl nicht zugemutet werden, sich einer straf-rechtlichen Verfolgung auszusetzen. Dieser Fall liegt vor. Die Bezeich-nung „Schuft“ kann zumindest den Tatbestand einer Ehrenbeleidigungbilden. Auf die Ueberprüfung der Frage, ob durch Erbringen des Wahrheits-beweises die Straflosigkeit erreicht werden kann, vermag sich die Unter-nehmung begreiflicherweise nicht einzulassen. Wir sind daher nach reif-licher Ueberlegung zu unserem Bedauern nicht in der Lage, die Plakatie-rung durchzuführen.

HochachtungsvollPikolon