133.17 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Überarbeitungen

Schreiberhände:

  • Johann Turnovsky, schwarze Tinte

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
PRAG II.
Datum: 11.IX.1933

Empfänger

An: P.T. | Herrn Dr. Oskar Samek, | Advokat
Schottenring
Wien
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doktor.

In Angelegenheit des Hn. Karl Kraus gegenErich Schamschula ist es endlich gelungen, den Beschuldig-ten zur Einvernahme vorzuführen. Er gab an, keinerlei be-trügerische Absichten gehabt zu haben, insbesondere dieaus den Karlsbader-Vorträgen resultierenden Beträge nicht wider-rechtlich inkassiert und für sich behalten zu haben.

Die endgiltige Verrechnung der Erträgnisseaus der Vortragsturnee hätte nach Beendigung aller Vorträgeerfolgen sollen. Nach Vorlage des Briefes, in welchem erdie Forderung des Herrn Kraus mit Kč 939.30 ausgewiesen hat,anerkannte Schamschula dieser Forderung, erklärte jedochsie dermalen nicht honorieren zu können, da er sich ineiner sehr ungünstigen Materiellen Lage befinde. Als Er-klärung dafür, dass die Forderung bisher nicht bezahlt wurdeund dass er auch wegen Zuwartung an Herrn Kraus bisher nichtherangetreten ist, gab er an, die finanzielle Gebahrungseiner Konzertdirektion sei von seinem Schwager geführtworden und er selbst habe, da er seit beinahe 3 Jahren vonder Sache nichts mehr gehört habe, vergessen, dass HerrnKraus noch irgendwelche Beträge gebührten. Er werde jedochdie Forderung samt Zinsen und Kosten in Raten längstens bisEnde l.J. bezahlen, was ihm, wie er hoffe, möglich sein

werde, weil er beabsichtige, sich jetzt ein neues Geschäftzu errichten und zwar eine Klavier-Reparatur-Werkstätte.Eine Schädigungsabsicht stellt er entschieden in Abrede.

Der Richter erklärte, er werde den Akt einigeZeit bei sich behalten und von mir eine Verständigung darübereinholen, ob Schamschula seinem Versprechen, die Forderung inRaten abzustatten, nachgekommen sei.

Da ich überzeugt bin, dass Schamschula eher zumZahlen zu bringen sein wird, wenn man ihm die Abstattung derForderung in Raten ermöglicht und dabei die strafrechtlicheVerfolgung als wirksames Pressionsmittel in suspenso belässt,habe ich mich damit einverstanden erklärt, dass die Angelegen-heit für einige Zeit zurückgelegt werde, mir jedoch vorbe-halten, jederzeit die Fortsetzung des Strafverfahrens zubeantragen. Ich tat dies nicht zuletzt auch deshalb, weil ichnicht überzeugt bin, dass ob Gericht nicht die Ansicht vertretenwerde, es handle sich um ein zivilrechtliches Verhältnis.Indem ich Sie, sehr geehrter Herr Doktor bitte, Herr Kraus über den Stand der Angelegenheit zu informieren und mir mit-zuteilen, ob er mit diesem Vorgehen einverstanden ist, behal-te ich mir vor, Ihnen nach Eingang der einzelnen Raten Berichtzu erstatten und Ihre Weisungen über deren Verwendung einzu-holen.

Mit vorzüglichster Hochachtung ergebener:Dr. Turnovsky.

KrausSchamschula13. SEP. 1933