144.68 Vertrag zwischen S. Fischer Verlag, Karl Kraus und Anton Schroll Verlag für Kunst und Literatur

Schreiberhände:

  • Bleistift

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Annotationen
Datum: 21. Dezember 1931
Stempel: S. Fischer Verlag
Stempel: Anton Schroll Verlag
Seite von 4

Zwischen

der Firma S. Fischer Verlag Akt.Ges. in Berlin, Bülowstr. 90,(im folgenden kurz Fischer genannt) einerseits,dem Schriftsteller Karl Kraus in Wien, (in folgenden kurz Kraus genannt) und der Anton Schroll & Co. G.m.b.H. in Wien (im folgendenkurz Schroll genannt) andererseits,wird folgendes vereinbart:

Fischer besitzt die Verlagsrechte einer Reihe von Werken des ver-storbenen Schriftstellers Peter Altenberg, dessen Rechtsnachfolgerdie Kinderschutz- und Rettungsgesellschaft in Wien geworden ist.Nicht zu den Werken von Peter Altenberg, die bei Fischer verlegtworden sind, gehört „Bilderbögen des Lebens“ (früher Erich ReissVerlag).

§ 1.Fischer räumt Schroll und Kraus das Recht ein, aus den Werken vonPeter Altenberg einen Auswahlband zusammenstellen zu lassen, derbei Schroll erscheint.

§ 2. Fischer räumt Schroll und Kraus das Recht ein, diesen Auswahlband beiSchroll zum Verlag zu bringen und in üblicher Weise buchhändlerischzu vertreiben. Das Buch soll den Titel tragen:

Peter AltenbergAuswahl aus seinen Büchernvon Karl Kraus.

Die Einräumung dieses Rechts erfolgt auf die Lebenszeit von Karl Kraus,mindestens aber auf die Zeit von zehn Jahren, das ist bis 1. Juli 1941.

Die bei Beendigung der Zeit, für welche die Rechte eingeräumt sind,frühestens also 1. Juli 1941 noch vorhandenen Exemplare des Auswahlbandes dürfen noch weiterverkauft werden, wenn die vorrätige Auflage mindestensein Jahr vor Ablauf der Frist erschienen ist. Die Höhe der ersten Auflagesoll 6.000 (Sechstausend) Exemplare, die jeder neuen Auflage nicht mehrals 3.000 (Dreitausend) Exemplare umfassen.

Schroll und Kraus sind verpflichtet, die Herstellung jeder neuenAuflage Fischer bei Erscheinen mitzuteilen.

§ 3.Der Umfang des Auswahlbandes soll einschliesslich derjenigen Beiträge,die von Altenberg’schen Werken, welche in anderen Verlagen als Fischer erschienen sind, hereingenommen werden, 560 Seiten der Fischer bereitsvorgelegten und von ihm genehmigten Satzprobe nicht überschreiten. Nichtmit eingerechnet werden soll der römisch zu paginierende Titelbogen mitInhaltsverzeichnis. Vorausgestellt wird dem Auswahlband das GedichtPeter Altenberg“ von Kraus, abgeschlossen wird der Auswahlband mit derGrabrede von Kraus auf Altenberg und einer Liste der sämtlichen beiFischer erschienenen Originalausgaben der Werke von Altenberg.

§ 4. Bedingung des Vertrages ist, dass Schroll mit der Kinderschutz- undRettungsgesellschaft ein Abkommen treffen, wonach sie sich verpflichten,von jedem abgesetzten Exemplar des Auswahlbandes 10% vom Ladenpreis desgehefteten Exemplars als Honorar an die genannte Gesellschaft zu zahlen.Es bleibt Schroll aber überlassen, für Frei- und Rezensionsexemplare,Defekte, etz. einen Zuschuss bis zu 10% der jeweiligen Auflage zu drucken.Ein Nachweis über die bestimmungsgemässe Verwendung dieser Exemplareobliegt Schroll nicht.

Die Honorarabrechnung an die Kinderschutz- und Rettungsgesell-schaft muss im März und September jeden Jahres erfolgen. Eine Abschriftdieser Abrechnungen zu den vereinbarten Terminen ist Fischer regelmässigzuzustellen. Der Gesellschaft muss in den Abkommen mit Schroll undKraus das Recht eingeräumt werden, in üblicher Weise die Abrechnungenkontrollieren zu lassen.

§ 5. Fischer und Kraus haben auf jedes Honorar verzichtet.

§ 6. Auf die Rückseite des Titels ist folgender Vermerk zu setzen:

„Dieser Auswahlband erscheint mit Erlaubnis des S. Fischer-Verlages in Berlin, der im Interesse der Erben Peter Alten-bergs, der Kinder-Schutz- und Rettungsgesellschaft in Wien,auf jede Entschädigung für das Verlagsrecht verzichtet hat.“

§ 7. Bei Erscheinen des Buches liefern Schroll und Kraus an Fischer 10 gebundene Freiexemplare.

§ 8. Die Kinderschutz- und Rettungsgesellschaft ist verpflichtet, fürdas Buch Copyright im eigenen Namen zu nehmen.

§ 9. Die Vergebung des Uebersetzungsrechtes des Buches nur vonFischer, Schroll und Kraus gemeinsam erfolgen. Ueber die Bedingungenist von Fall zu Fall eine Einigung herbeizuführen.

§ 10. Die Festsetzung des Ladenpreises wie überhaupt alle geschäftlichenMassnahmen bleiben Schroll überlassen. Eine Verramschung des Buches ist unter allen Umständen verboten. Wird sie vorgenommen, so istFischer zum sofortigen Rücktritt aus dem Vertrage, ohne dass esder Stellung einer Nachfrist bedarf, berechtigt.

§ 11. Eine Uebertragung des Verlagsrechtes an Dritte ist nicht erlaubt.Im Falle einer solchen Uebertragung oder auch im Fall einerPfändung oder Verpfändung des Verlagsrechts, ist Fischer zum sofor-tigen Rücktritt vom Vertrage berechtigt ohne Stellung einer Nachfrist.

§ 12. Den ersten Ankündigungen im Buchhändler-Börsenblatt ist der in § 6formulierte Vermerk einzufügen.

§ 13. Die Rechte des Verlages S. Fischer an den Werken Peter Altenbergswerden durch dieses Uebereinkommen nicht eingeschränkt.

§ 14. Kosten und Stempel dieses Vertrages und seiner weiteren Durchführungträgt Schroll.

Erfüllungsort des Vertrages ist Berlin.

Wien, am 1. Dezember 1931für Karl KrausDr. Samek

[Unterschrift]

Berlin, am 21. Dezember 1931 S Fischer