172.3 Brief Samek an Die Gegenwart (verantw. Red. Friedrich Wondré)

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 30. Dezember 1931
Betreff: Kraus – Die Gegenwart.
Diktiersigle: Dr.S/Fa.

Empfänger

An: den | verantwortlichen Redakteur der Zeitschrift | „Die Gegenwart“ Herrn Dr. Friedrich Wondré
Messerschmiedgasse 23
Wien XVIII.
Seite von 2

Im Vollmachtsnamen des Herrn Karl Kraus verlange ich die Aufnahme der Berichtigung der in Ihrer Nummer2 vom 28. Dezember 1931 mitgeteilten meinen Mandanten betreffen-den unwahren Tatsachen gemäss § 23 des Pressgesetzes.

Unter dem Titel Bilder der GegenwartUnsere gute Sache, schreiben Sie: „Vor Jahrzehnten hat er(Karl Kraus) seinen Feinden in den Wiener Zeitungen bis zurSelbstvernichtung seine Meinung gesagt, ist selbst vor AlfredKerr in Berlin nicht zurückgeschreckt, …Es ist unwahr, dass Karl Kraus vor Jahrzehn-ten seinen Feinden in den Wiener Zeitungen seine Meinung ge-sagt und selbst vor Alfred Kerr in Berlin nicht zurückge-schreckt ist. Wahr ist, dass Karl Kraus seit Jahrzehnten undauch heute noch den Wiener Zeitungen als solchen seine Meinunggesagt hat und sagt; wahr ist, dass die Angriffe gegen AlfredKerr vom Jahre 1911 angefangen bis heute erfolgt sind.

Sie schreiben: „… tritt an die StelleStarhembergs, … dessen Vorwürfe ihm teilweise gerechtfer-tigt erscheinen.“ Diese Behauptung ist unwahr. Wahr ist, dassKarl Kraus gesagt hat, er mache „sich die Anwürfe Starhembergs

zu eigen, soweit sie nicht wirklich rein formaler Natur sind.

Sie schreiben: „Er will einen Prozess gegenDr. Schober führen …“ Es ist unwahr, dass Karl Kraus einenProzess gegen Dr. Schober führen will; wahr ist im Gegenteil,dass Karl Kraus in seiner Rede und seinem Artikel deutlichzum Ausdruck gebracht hat, er wolle Dr. Schober veranlassen,einen Prozess gegen Karl Kraus zu führen.

Sie schreiben: „Wir erinnern an das Plakat,das in den Julitagen 1927 allgemeine Heiterkeit auslöste, alsHerr Kraus klipp und klar verlangte, dass der PolizeipräsidentDr. Schober sein Amt niederlege.“ Es ist unwahr, dass dasPlakat, in welchem Karl Kraus Dr. Schober aufforderte, abzutre-ten, in den Julitagen erschienen ist; wahr ist, dass diesesPlakat vom 17. bis 19. September 1927 affichiert war.

Rekommandiert mit Rückschein.

Betr. KrausDie Gegenwart exp. 31.12.1931.