183.12 Brief Cecilie Lorre an Samek

Materialitätstyp:

  • Manuskript

Sender

Cäcilie Lvovsky
Adelaide Drive
Datum: 22.5

Empfänger

An: Oskar Samek
Reindorfgasse
XIV., Penzing
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doctor!

Wir danken Ihnen vielmals für Ihren freundlichenBrief vom 25. April. Bitte entschuldigen Sie mein Schwei-gen und Nichterklären, warum ich nur 50 $ statt 100 $geschickt habe. Ich schrieb nicht, weil ich von Woche zuWoche hoffte, die zweiten 50 $ absenden zu können.Es war nicht möglich, bitte glauben Sie das. Auchheute kann ich keinen Termin angeben, wo ich sie absendenkann, weil ich überhaupt nicht mehr aus noch ein weiss.Wir tun unser Möglichstes, – wir danken Ihnen sehr für Ihre Geduld und Ihr großes Entgegenkommenwelches wir nie vergessen werden und wir werden schicken, ich hoffe auch sicher, dass wir Ihnen monat-lich 100 $ schicken können, aber ich kann es nicht ver-sprechen , – jedenfalls werden Sie aber bis Oktober min-destens den größten Teil, wie ich hoffe, das Ganze zurück-erhalten. Von den 500 $ pro Woche die mein Mann jetzt hat,bekommt er wöchentlich nur 160 $ ausbezahlt, allesandere sind Abzüge, Vorschüsse (wieder!) Prozente für 2Agenten, Steuern, und außerdem sind es nicht 500 $sondern nur 380 $, weil nur 20 Wochen in jedemHalbjahr bezahlt werden und wir uns also, damitwir nicht 6 Wochen ohne Geld sind, die Gage auf

26 Wochen aufteilen lassen, so daß uns also im Monat 640 $ bleiben, das reicht für hier kaum zum Leben (davon schicken wir auch noch an unsere beiden Familien Geld weildas dringend notwendig geworden ist) wenn man aber davon,wie ich es getan habe auch noch Schulden abzahlt, danngeht es eben auf einmal nicht mehr weiter und so istes jetzt bei uns. Sie können sich nicht vorstellen, was wiruns für Einschränkungen hier auferlegen um unseren viel-fachen Verpflichtungen die wir eben durch die Folgen des Hitlerre-gimes und durch die ja nach Ihrer Hilfe noch weit überein Jahr fortwährende Arbeitslosigkeit eingehen mußtenund die in die Tausende gehen, nachzukommen. Herr Nürnberg,der jetzt einige Wochen hier war, hat sich durch Einsichtnahmein die Akten und die Einkommensverhältnisse, ebenso wie in un-sere Verpflichtungen davon überzeugt, daß wir wirklich kaumetwas anderes tun, als unsere Schulden abzudecken. Es ist un-geheuer deprimierend, daß wir selbst für uns, nichts, nichteinen Dollar zurücklegen können für Zeiten der Not oder derKrankheit. Ich schreibe Ihnen das nur, sehr geehrter Herr Doktor,weil ich weiß, daß Sie für menschliche Dinge Verständnis haben. Siekönnen uns glauben, daß wir nur darauf bedacht sind, Ihnenund Herrn Kraus, der uns damals in seiner außerordentlichenLiebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft an Sie verwies, Schwierig-keiten zu ersparen und Sie können sicher sein, daß Sie zu IhremGeld kommen, ohne Herrn Kraus heranziehen zu müssen.

Mein Mann hat am 6. Mai seinen ersten amerikanischen Film angefan-gen, es ist eine sehr große Arbeit, von der Alles abhängt. Man istin der Metro Goldwyn Mayer, wo er den Film macht, sehr be-geistert über ihn, hoffen wir, daß es ein großer Erfolg wird, dannsind wir mit einem Schlag aus allen Sorgen heraus. AllerVoraussicht nach sehen wir Sie Juli oder August in Wien. Mein Mann soll wieder einen Film in London machen. Er läßt sich Ihnen vielmalsempfehlen. Ich zeichne mit vorzüglicher Hochachtung und besten Grüßen

als Ihre Cecilie Lorre