189.2 Brief Samek an RA Johann Turnovsky

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Reindorfgasse
XIV., Penzing
Datum: 1. Dezember 1933
Betreff: Kraus – Gegenangriff
Diktiersigle: Dr.S/Fa

Empfänger

An: Herrn | Dr. Johann Turnowsky, | Advocat
Vodickova 33
Prag II.
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

In der in Prag erscheinenden ZeitschriftDer Gegenangriff“ erschien in der Nummer 19 ein ArtikelNachruf auf Karl Kraus“. Herr Kraus bittet Sie, sichden Artikel zu beschaffen und über folgende Fragen einRechtsgutachten zu erstatten:

1.) Ob Sie die im ersten Absatz enthaltene verleumderi-sche Beleidigung betreffend das Schweigen im Weltkriegals aussichtsreich verfolgbar halten, ebenso einige an-dere im Artikel enthaltenen Beleidigungen.

2.) Ob Sie die Berichtigungsmöglichkeit bezüglich fol-genden Tatsachen für gegeben erachten:

a) betreffend das Schweigen im Weltkrieg;

b) im Gedicht die verstümmelte Zeile „kein Wortdas traf“, wo der Beistrich fehlt;

c) die Behauptung, Kraus habe Operettenlibrettosvorgetragen, wogegen es richtig ist, dass Kraus dieMusik von Offenbach mit Versen von Karl Kraus und zwarzuletzt im Herbst 1932 vorgetragen hat, also nicht inder kritischen Zeit.

3.) Ob Sie es für möglich halten, auch in diesem Fall

wegen der Veröffentlichung des ganzen Gedichtes nachdem Urheberrecht vorzugehen.

4.) Ob Sie eine Klage auf Widerruf gemäss § 1330 abGB für möglich halten.

Ihrer geschätzten Rückantwort entgegen-sehend, zeichne ich mit

vorzüglicher kollegialerHochachtung

Betr. KrausDer Gegenangriffexp. 1.12.1933