196.50 Übersetzung des Protokolls über die Einvernahme des beschuldigten Hugo Sonnenschein

Schreiberhände:

  • Bleistift

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Annotationen
Datum: 12. November 1935
Seite von 2

Uebersetzung des Protokolles über die Einvernahmedes beschuldigten Hugo Sonnenschein vom 12.11.1935.

Dem Beschuldigten wurde durch Beschluss des Straf-kreisgerichtes in Brünn mitgeteilt, dass gegen ihn dieVoruntersuchung wegen Vergehens gegen die Sicherheit derEhre eingeleitet wurde.

Ich fühle mich nicht schuldig.

Es ist wahr, dass ich der Autor des in der Strafan-zeige zitierten Gedichtes bin, ich kann jedoch die be-zeichneten Beleidigungen im Text dieses Gedichtes nichtfinden.

Ich hatte nicht die Absicht die persönliche Ehre Karl Kraus’ zu berühren, ich habe seinen Namen bloss alsBeispiel eines Schriftstellers angeführt, welcher sichdem herrschenden Regime anpasst, was durch seine Artikelnachgewiesen werden kann und womit das Prestige und dieWürde des Schriftstellerberufes überhaupt geschädigt werden.

Ich habe seine Tätigkeit einer Kritik unterzogen,ich habe jedoch keinerlei Ausdrücke benutzt, die in groberWeise seine Ehre berühren würden.

Ich habe in meinem Gedicht auf die Tätigkeit einesSchriftstellers vom Typ Karl Kraus hingewiesen und glaube,dass nur eine derartige Tätigkeit den Schriftsteller lächer-lich machen und erniedrigen kann.

Den Wahrheitsbeweis kann ich durch Vorlage seiner li-terarischen Arbeiten und durch eine Analyse seiner politisch-literarischen Entwicklung durchführen.

Das Wort Gesinnungslumperei kommt in meinem Gedichtüberhaupt nicht vor.

KrausArb.Ztg. 28. NOV. 1935