196.174 Brief RA Felix Gallia an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Dr. FELIX GALLIA
MASARYKSTRASSE 25/27
BRÜNN
Datum: 18. November 1937
Betreff: Kraus – Arbeiterzeitung.
Diktiersigle: Dr.G/b

Empfänger

An: Wohlgeboren Herrn | Dr. Oskar Samek, | Rechtsanwalt
Reindorfgasse 18
Wien XIV.
Datum: 19. NOV. 1937
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doktor.

Ich danke für Ihr gesch. Schreiben vom 12. d.M. Heutewurde von Kovanda der Kostenbetrag von Kč 2.500.–– erlegt.

Die Versorgung eines Belegexemplares der Pariser Arbeiterzeitung wird nicht leicht sein, da, wie ich aus einergestrigen Zeitungsmeldung entnommen habe, dieses Blatt in derČ.S.R. bis Ende Oktober 1939 verboten worden ist. Wir werden unsalso wohl nach Paris wenden müssen, um ein Belegexemplar zu er-halten.

Die Vorgänge der letzten Hauptverhandlung waren kurzfolgende: Der Verteidiger hat – wie er behauptete über ausdrück-lichen Auftrag aus Prag – zunächst eingewendet, dass das Verfol-gungsrecht der Privatkläger durch Verjährung erloschen sei, weildurch länger als sechs Monate von Seiten des Gerichtes keine Verfol-gungshandlung gesetzt wurde. An Hand des Akts hat nun der Vorsitzen-de dem Verteidiger nachgewiesen, dass seine Behauptung unrichtig ist,da niemals seit Beginn des Prozesses zwischen den einzelnen auf dieFortsetzung des Verfahrens und die Bestrafung der Angeklagten hin-zielenden Massnahmen Zeiträume von 6 Monaten oder mehr liegen. DerVerteidiger hat trotzdem auf seiner Einwendung beharrt. Diese wurdeallerdings nicht protokolliert, weil es im weitern Verlauf der Ver-handlung zum Vergleich kam.

Bei der Führung der Vergleichsverhandlungen hat sichder Verteidiger vor allem dadurch hervorgetan, dass er versuchte,die Arbeit der Klagsanwälte herabzusetzen, wobei er immer wiederauf die Einrede der Verjährung zu sprechen kam, die tatsächlich be-gründet wäre, wenn seine Behauptungen richtig gewesen wären, denndas čsl. oberste Gericht steht tatsächlich auf dem Standpunkt, dassdie Verjährung, mag der Privatkläger noch so intensiv tätig sein,eintritt, wenn das Gericht zwischen seinen einzelnen Verfolgungshand-lungen eine Frist von mehr als 6 Monaten verstreichen lässt.

Ich erbitte mir noch Ihre freundlichen Aufträge wegender Aufteilung des Betrages von Kč 2.500.–– zwischen Ihnen und mirund verbleibe mit vorzüglicher Hochachtung und besten Grüssen

Ihr ergebenerDr. Gallia.

KrausArbeiter Ztg.19. NOV. 1937