Berliner Tageblatt

Die Akten zu den Auseinandersetzungen im Umfeld des Berliner Tageblatts gehören nicht nur zu den umfangreichsten, sondern sie sind auch die in der Fackel im größten Umfang zitierten. Ausgehend von den 1926 begonnenen Streitigkeiten mit dem erfolgreichen Literaturkritiker und Redakteur des Berliner Tageblatts Alfred Kerr, die neben Beleidigungen auch dessen angebliche Kriegslyrik zum Gegenstand hatten, mündete diese große, ursprünglich gegen eine einzige Person begonnene Kampagne in gleich mehrere juristische Auseinandersetzungen. Ab 1928 gingen nämlich Kraus und seine Berliner Anwälte gegen den Verlag (Rudolf Mosse) und ab 1931 auch gegen die Redaktion des Berliner Tageblatts, eine der meistgelesenen Tageszeitungen Deutschlands, vor. 1929 klagte Kraus schließlich noch gegen deren Herausgeber Theodor Wolff. Meistens ging es hierbei um Ehrenbeleidigungen, die sich beide Parteien ununterbrochen vorwarfen. Weiterhin forderte Kraus Berichtigungen. Letztlich hat er aber aus keiner anderen Akte der über 200 Fälle in der Fackel so umfangreich zitiert wie aus der Akte 68. Nachdem sein Anwalt Viktor Fraenkl einem Vergleich im Kerr-Prozess 1928 ohne Kraus’ Erlaubnis zugestimmt hatte, nahm Kraus diese für ihn schwer zu ertragende Schmach nicht nur zum Anlass, sich von Fraenkl als Anwalt zu trennen, sondern gleichfalls die relevanten Akten zum Fall Kerr noch im selben Jahr in einer fast über 200 Seiten langen Fackel zu veröffentlichen. Kraus versuchte also, von den juristischen Auseinandersetzungen nicht nur für seinen polemischen Kampf zu profitieren, sondern er nutzte diese auch, um ihren Stoff satirisch-literarisch zu verarbeiten. Diese publizistische Fortführung machte ihm Theodor Wolff schließlich zum Vorwurf, der glaubte, Kraus wolle sich mit der lancierten Kampagne gegen einen der bekanntesten Literaturkritiker Deutschlands lediglich zu einer größeren Leserschaft seiner Zeitschrift verhelfen.

Aktennummer Titel Anzahl Dokumente Rechtsbereich Klagende Partei Angeklagte Partei