8.1 Brief Verlag Die Fackel an die Direktion der Neuen Wiener Bühne

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Überarbeitungen

Schreiberhände:

  • Oskar Samek, Bleistift

Sender

Verlag Die Fackel (Wien)
Hintere Zollamtsstraße
III., Landstraße
Datum: 22. Mai 1923

Empfänger

An: die Direktion der Neuen Wiener Bühne
Wasagasse 33
Wien IX.
Seite von 1

Sehr geehrter Herr Direktor!

Da Herr Forest, der seinerzeit gesprächsweise HerrnKarl Kraus die direkte Bereinigung der Angelegenheit mit HerrnSekretär Feldmann zugesagt hat, bis heute keine Nachricht gab,erlauben wir uns Sie um freundliche baldige A a ufklär ung ende Äußerung zu bitten,mit Rücksicht auf den Umstand, dass der Spendenausweis der Fackel demnächst wieder in Druck gehen muss. Wie Sie sich erinnern werden,haben Sie für den vorigen Spendenausweis, im letzten AugenblickHerrn Karl Kraus die Tantiemensumme mitgeteilt und seine Anf F rage,ob es die Tantiemen für alle zwölf Vorstellungen seien, also auchfür die sogenannte Generalprobe vom 3. Februar, ausdrücklich be-jaht. Demgemäss war auch im Ausweis im Ganzen von den Tantiemender zwölf Aufführungen die Rede. Nachdem jedoch der Ausweis inDruck gegangen war, erhielten wir gelegentlich der Abholung desBetrags die schriftliche Zusammenstellung, aus der hervorging,dass die Summe K 6‚287.591 nur aus den Tantiemen von 11 Aufführun-gen zusammengesetzt war. Die Tantieme vom 3. Februar war nichtinbegriffen. Ganz abgesehen davon, dass Sie durch Ihre Äusserunggegenüber Herrn Karl Kraus (die ja für die Abfassung des nunjedenfalls fehlerhaften Ausweises massgebend war) selbst gar keineAhnung davon zu haben schienen, dass die sogenannte Generalprobetantiemenfrei sei, kann wohl auch kein Zweifel bestehen, dass dieseine falsche Auffassung wäre. Die Vorstellung, die aus bestimmtenGründen Generalprobe genannt wurde, war ebenso öffentlich undgegen Entree zugänglich wie alle andern. Dem Autor l ie ä g t e es selbst-verständlich ganz ferne, diesen Anspruch nachträglich für seineeigene Tasche geltend zu machen; er würde dies – gegen Anerkennungseines Rechtes – in Würdigung der Situation ebenso unterlassen wieer auf jedes Mitwirkungs-Honorar verzichtet hat. Da aber die ge-samten Tantiemen wohltätigen Zwecken zugedacht waren, müssen wirSie um eine gf. Darlegung Ihres Standpunktes ersuchen.

Mit dem besten Dank im Voraus zeichnen wirin vorzüglicher Hochachtung