14.10 Protokoll der öffentlichen Hauptverhandlung (Strafbezirksgericht I Wien, G. Z. U I 110/25, Richter: Christoph Höflmayr)

Materialitätstyp:

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Datum: 22. Juli 1925
Seite von 3

12U I 110/25/9

Oeffentliche – Hauptverhandlung

Strafbezirksgericht I. in Wien am 22. Juli 1925Beginn ½1 UhrRichter: Hofrat Dr. Hoeflmayer Schriftführer: H.Ri.Dr. Jung.Staatsanw. Funkt. – – – –Priv.A.: 1.) Marie Turnovski, )2.) Karl Kraus ) nicht erschienenVertreter – Dr. Oskar Samek.Angekl. Name folgt, Vertreter Dr. Karl Sterzer,für Dr. Val. Rosenfeld.

Ang. Dr. Marc Siegelberg.nicht erschienen, Zustellung der Ladung ausgewiesen.

B.auf Durchführung der Verhandlung gemäss § 459 St.P.O. Die Anklage wird vorgetragen.

Der Verteidiger gibt über die Personaldaten und die Anklagen:Dr. Marc Siegelberg – wie Nr. 3

Verteidiger bringt vor und beantragt wie in O. Nr. 3

Priv. A. bringt vor und beantragt wie in O. Nr. 3

Verlesen wird die Zuschrift und das Gutachten der graph. Lehr- u.Versuchsanstalt Wien II. wie O. Nr. 4 und 6

Zeuge Alois Straniak : Gen. wie in O.n.3 II. Gestettengasse 4a vh. mit dem Besch. weder verw. noch verschw.gibt nach WE und Handschlag an:

Das Klischee für das in der inkriminierten Zeitungsnummer

wiedergegebene Bild habe ich nicht angefertigt und weissdiesbezüglich nichts.

Nach Vorhalt der Aussage Nr. 3: Ich hatte nur die Reproduktionjener beiden Bilder durchgeführt, die auf Grund der hg. zu U I109/25 durchgeführten Klage veröffentlicht wurden.

Zeuge Ferdinand Hofbauer : Gen. wie in O.Nr. 3 mit dem Besch. weder verw. noch verschw. gibt nach WEund Handschlag an.

Bei der Anfertigung des klagsgegenständlichen Bildes habe ich in keiner Weise mitgewirkt und kann daher über dasBild nichts angeben.

Nach Vorhalt der Aussage O.Nr. 3: Bei uns wurden nur jeneBilder angefertigt, die als Richtigstellung des inkriminiertenveröffentlicht wurden.

Verteidiger gibt an: Ich kann nicht angeben in welcher Anstaltdas Klischee des inkriminierten Bildes angefer-tigt wurde.

Richter gibt bekannt, dass der hg. Akt U I 109/25 sich derzeitbeim Berufungsgerichte befindet und nicht beige-schafft werden konnte.

Priv.A.Vertr: legt Durchschlag der Privatanklage von U I 109/25 vor.

Richter stellt aus diesem, vom Verteidiger als richtig zugege-benen Durchschlag fest, dass darinnen folgende Stellevorkommt: „es ist unwahr, dass das vorstehende Bild den Jubilanten mit seiner Schwester zeigt, wahr istvielmehr, dass das Bild des Herrn Karl Kraus mitseiner Schwester so aussieht. – – –

Verteidiger beantragt die persönliche Vernehmung jenesSachverständigen, der das Gutachten der graph.Lehr und Versuchsanstalt erstattet hat, darüber,ob es möglich ist, dass dem inkriminierten Bilde

eine Zeichnung zugrunde liegt, dass das Originalbild, das dasOriginalbild in allen seinen Einzelheiten täuschend nach-gezeichnet hat.

Priv.Ang.Vertr. spricht sich gegen diesen Antrag aus.

Der Richter verkündet denB.auf Abweisung dieses Antrages auf Vernehmung eines Sachver-verständigen, da der Sachverhalt genügend geklärt ist.

Schluss des Beweisverfahrens: Priv.Ankl.Vertr. beantragt die Bestrafung des Beschuldigten (ohne jedoch einen Antrag auf Veröffentlichungdes Urteiles gemäss § 43 P-G. zu stellen)Verteidiger beantragt den Freispruch des Beschuldigten.Der Richter verkündet dasUrteil samt Gründen.

Verteidiger wendet gegen das Urteil die Berufung wegenWichtigkeit und wegen des Ausspruches über dieSchuld und Strafe ein und ersucht um Zustellungeiner Urteilsausfertigung an Dr. Valentin Rosenfeld.

Priv.Ankl.Vertr. erklärt sich Bedenkzeit zur Ergreifung einesRechtsmittels vorzubehalten.

Ende 1 Uhr 15'Dauer 2½ StundenVerhandlungsgeb. 6 S)vom P.A. Urteilsgeb. 5 S)Berufungsanmeldung vom Vert. 3 S

Unterschr.