23.39 Antrag auf Ablehnung des verhandelnden Richters (Strafbezirksgerichts I Wien)

Materialitätstyp:

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Datum: 19. Oktober 1926
Stempel: Strafbezirksgericht I
Seite von 12

G.Zl. U I 224/26

An dasStrafbezirksgericht I in Wien.

Privatankläger: Karl Kraus,durch:

Beschuldigter: Dr. Fritz Kaufmann,

wegen § 30 P.G. 1 fach2 Beilagen

Antrag auf Ablehnung des verhandelnden Richters.

Ich lehne den Richter Hofrat Christoph Höflmayr, derdie auf den 21.Oktober vor dem Strafbezirksgericht I angesetz-te Verhandlung gegen den verantwortlichen Redakteur der „Stun-de wegen Uebertretung nach § 30 P.G. leiten soll, wegen Befan-genheit ab und ersuche, einen anderen Richter mit der Durch-führung dieser Verhandlung zu betrauen. Ich begründe diese Ab-lehnung und dieses Ersuchen durch den Hinweis auf die Argu-mente, die ich in der beigelegten Schrift „ Die Stunde des To-des“ („Die Fackel“ Nr. 732–34, August 1926, S. 50 und 51) aus-geführt habe. Ich habe dort die enormen Schwierigkeiten dar-gestellt, die der unerlässliche juristische Kleinkampf inner-halb jener Polemik gegen das Uebel der „Stunde“ mit sich ge-bracht hat, innerhalb des grossen Kampfes, der nunmehr durchdie Verhaftung der Erpresser, die Vertreibung ihres Auftrag-gebers und die Bändigung der Infamie zu einem siegreichenAbschluss geführt erscheint. Dieser unerlässliche juristischeKleinkampf bezog sich auf die vielfachen Gesetzesübertretun-gen der „Stunde“, die in Gestalt der bekannten Vernachlässi-gung der Obsorge wie wegen Nichtaufnahme einer Berichtigungvor das Bezirksgericht kamen, vor allem aber auf jenen schänd-lichen Bilderunfug, den man infolge der Ausflucht der vorGericht leugnenden und hinterher mit der Tat renommierendenTäter wieder bloss an dem verantwortlichen Redakteur fassenkonnte. Diese Prozesse sind vor dem Strafbezirksgericht I ent-weder schon zur Austragung gelangt oder dortselbst noch anhängig.In den Fällen nun, wo die Entscheidung in den Händen des Rich-ters Hofrat Höflmayr gelegen war, hat er durch seine Haltungbis zum Urteil unverkennbar zu verstehen gegeben – wofür Zu-hörer der Verhandlung als Zeugen namhaft gemacht werden kön-nen –, zu welcher Partei hin sich seine Sympathien zuneigten.

Er hat – so absurd angesichts der Gemeinverständlichkeitdes Uebels auch nur der Gedanke an eine Voreingenommenheitzu dessen Gunsten berühren musste – unverkennbar dargetan,dass er diese Klagen als Querelen, diese Prozesse nicht alsden kärglichsten Ausdruck der Notwehr gegen eine Kulturpest,nicht als Verdienst in einer wahrhaft patriotischen Aktionzur Befreiung Wiens, sondern einfach als Behelligung der Justizempfand. Er hat dies nicht nur durch seine Haltung währendder Verhandlung dargetan: durch völlige Indulgenz gegenüberden in der Verhandlung fortgesetzten bübischen Attaken, durcheine Art sichtlich schonungsvoller Vermahnung, die eher einGewährenlassen des Angriffes bei gelindem Tadel der Form zubekunden schien und die im Bericht des Revolverblattes alsrichterliche Zustimmung verzeichnet werden konnte, ohne dasssich der Richter zu einer amtlichen Richtigstellung bewogengefühlt hätte. Dieser Haltung entsprach auch ganz und gardas Urteil, das innerhalb der leider so dürftigen Sanktionendes Pressgesetzes oft noch unter das Minimum einer Strafbe-messung hinabging, deren Maximum doch als die mässige Remedurfür die Verleugnung der Tat und für den Mutwillen der Vertei-digung erschienen wäre. In einem Falle, wo der beeidete Sach-verständige die dolose Entstellung von urteilsmässig zu ver-öffentlichenden Photographien klipp und klar bestätigt unddie windigen Ausreden auf Zufälle des Rotationsdrucks glattzurückgewiesen hatte, ging Herr Hofrat Höflmayr unter das ge-setzliche Minimum auf eine Strafe von sage 3 Schilling her-unter, wofür er „als erschwerend nichts“, „als mildernd dasGeständnis“ annahm, wiewohl das diametrale Gegenteil einessolchen vorlag und als erschwerend alles anzurechnen gewesenwäre. Denn „gestanden“ hatte der Angeklagte lediglich, was nicht

zu leugnen war, weil es der Augenschein ergab: dass die Bil-der entstellt erschienen waren. Nicht gestanden, ja geleugnethat er, dass die Entstellung planmässig herbeigeführt war.Somit hat Herr Hofrat Höflmayr in diesem Falle eine Ableug-nung als Geständnis gewertet. Dass diese Verhandlungen denEindruck machten,als wäre die Justiz den Schlichen und Fintendes Presswesens wehrlos ausgeliefert und der Spielball einerneuen Spezies, für die keine der vorhandenen Normen zulangt:das mag auf die richterliche Individualität zurückzuführensein und auf die oft bemerkte Fremdheit, mit der dieser Rich-ter einem grossstädtischen und mit allen Schikanen arbeitendenGewerbe gegenübersteht und die ihm menschlich gewiss nichtzum Tadel gereichen soll. Dass er aber auch – so unvorstell-bar diese Erscheinung ist – von einer sichtlichen Befangenheitin allem geleitet war, was die Leute der „Stunde“ betraf, istkeinem Zuhörer der Verhandlungen verborgen geblieben. DieseErscheinung musste umsomehr auffallen und umso sonderbarerberühren, als damals die Haltung des ganzen offiziellen Wien zwar von der Furcht vor der „Stunde“ und deren unberechen-barer Schurkenhaftigkeit bestimmt wurde, aber diese Empfin-dung doch keineswegs mit Sympathie gepaart war, sondern imGegenteil mit unverkennbarer Verachtung. Man hätte sich injener Zeit eher nicht gewundert, wenn einem Richter bei allerNeutralität, die ihm sein Amt zur Pflicht macht, die Geduldgerissen wäre, und vermutlich hätte ein Mann wie der einstigeVorstand des Strafbezirksgerichtes I Hofrat Heidt dem mensch-lichen und moralischen Antrieb nicht widerstanden, angesichtsdes in die Verhandlung fortgesetzten Treibens, in Führung undUrteil auch der Empörung einer ganzen Stadt gerecht zu werden.Der Richter Hofrat Höflmayr hat nie verborgen, dass er im

Gegenteil eben die Journalistik als öffentliche Meinung ernstnahm, von der kürzlich, wenngleich spät genug, ein bürgerlichesBlatt wie die Neue freie Presse schreiben konnte, sie seidie infamste Publizistik, die zu irgend einer Zeit und inirgend einem Lande jemals am Werke war“. Der Richter HofratHöflmayr hat nicht erkannt, welches System da vor seinenRichterstuhl gestellt war, dessen Vertreter zwar ihre Taten, so-lange sie ihnen nicht verjährt schienen, in Abrede stellten,welches aber durch das nachträgliche und stolze Bekenntniseines solchen treffend charakterisiert erscheint, er sei „derGeneralissimus der Rotzbüberei“ gewesen. In keinem der Fälle,wo eben diese vor ihrem Richter stand, hat er sich für befangenerklärt, wohl aber zuweilen für unzuständig und auf eine Art,dass der Abbruch der Verhandlung dem Sensationsgeschäft inheilloser Art Vorschub geleistet hat, bis das Landesgericht zum Rechten sah und die Rückleitung an das Bezirksgericht anordnete. Hofrat Höflmayr hat, da seine Instanz fast ausschliess-lich mit den Angelegenheiten des verantwortlichen Redakteursder „Stunde“ zu tun hatte – denn ausser den meinigen liefen undlaufen ja noch zahllose andere, auf alle mögliche Weise ver-schleppte Pressprozesse gegen dieses Blatt –, eines Tages denBeschluss gefasst, diese divergentesten Fälle samt und sondersan einen laufenden Schwurgerichtsprozess anzuschliessen. Wiewohlnun die Ratskammer diesem Schritt entgegentrat, hat er bei einerneuen Gelegenheit ihn wiederholt, der bis zur Wiederholung derZurückweisung nichts bewirken kann als den Aufschub des Urteils-spruches über den verantwortlichen Redakteur der „Stunde“. Ichglaube nicht, dass angesichts der unmissverständlichen Meinungdes Landesgerichtes und des klaren Wortlautes des § 57 StPO. spezielle juristische Bedenken des Herrn Hofrats Höflmayr

hier in Erscheinung traten, sondern vielmehr die prinzipielleAbneigung, Richter in so vielen Prozessen gegen die „Stundezu sein, was ihm eben, aus welchem Grunde immer, lästig ist. Aus-nahmsweise hat er sich freilich in jenen Fällen, wo die Staats-anwaltschaft nach § 26 wegen Nichtkenntlichmachung bezahlterredaktioneller Einschaltungen anklagte, für kompetent erklärt,hier einen Anschluss an das Verfahren beim Landesgerichte nicht verfügt und jedesmal den verantwortlichen Redakteur derStunde“ freigesprochen. Wesentlich anders wieder verhielt sichHerr Hofrat Höflmayr in einem andern Offizialfall, nämlichgegen den verantwortlichen Redakteur der „Roten Fahne“. Die-sem hat er wegen Vernachlässigung der pflichtgemässen Obsorge8 Tage Arrest gegeben, nicht ohne auch während der Verhandlunggegenüber dem Angeklagten einen Ton privater Ironie anzu-schlagen, die bei Verlesung des inkriminierten Artikels inRandbemerkungen wie „Sehr geistreich!“ zum Ausdruck kam. DerUmstand, dass hier ein Offizialdelikt vorlag, war bei derStrafbemessung gewiss mit Recht erschwerend, wenngleich fürHofrat Höflmayr nicht bestimmend, der in einem Fall, welcherdie Beleidigung der Regierung und öffentlicher Körperschaftenbetraf, einem anderen verantwortlichen Redakteur die wohldo-sierte Strafe von 9 Schilling zuerkannt hat. Ganz gewiss istes aber nie vorgekommen, dass er bei Verlesung von inkriminier-ten Artikeln der „Stunde“, die doch das Aeusserste an Unflätig-keit enthielten, wie in jenem Fall der „Roten Fahne“ Stellen,die ihm wider das persönliche Gefühl gingen, ausgelassen odermit geringschätzigen Randbemerkungen versehen hätte.

Ob Herr Hofrat Höflmayr überhaupt die notwendige press-richterliche Energie für eine so grosse Stadt mit so ver-wilderten Presssitten vorstellt, hat in diesem Antrag nicht

erörtert zu werden. Dass er in Verhandlungen gegen den ver-antwortlichen Redakteur der „Stunde“ nicht als der geeigneteRichter erscheint, obwohl er sich bisher zwar für inkompetent,aber noch nicht für befangen erklärt hat, ist nicht nur mein,einer Prozesspartei, Eindruck, sondern der Eindruck aller, dieden Verhandlungen und nicht bloss meinen Verhandlungen beige-wohnt haben. Dies habe ich in der beigelegten Schrift auf eineArt zum Ausdruck gebracht, die an Deutlichkeit nichts zu wün-schen übrig lässt. Der Schlusssatz des Passus, der sich auf dieRechtsprechung des Hofrats Höflmayr bezieht, spricht die Hoff-nung aus, „dass er nach dieser Klarlegung, für noch ausstehendeUrteile seine Befangenheit erkennen wird“. Herr Hofrat Höflmayr hat diese Hoffnung bisher nicht erfüllt, sondern abermals dieLeitung eines Prozesses gegen die „Stunde“ übernommen. Wäreaber selbst alles, was in jener Schrift gesagt ist, unrichtigund auf meine Befangenheit gegen den Richter zurückzuführen,so müsste doch die Veröffentlichung den behaupteten Zustandseiner Befangenheit herstellen. Es ist schlechterdings undenkbar,dass, wenn Herr Hofrat Höflmayr selbst den ausgesprochenen Wil-len hätte, dem verantwortlichen Redakteur der „Stunde“ mit demjuristischen und moralischen Mass, das ihm ehrlich angepasstscheint, zuzumessen, er dem Sprecher jener Worte gegenüber weiter-hin unbefangen sein sollte. Es ist aber auch schlechterdingsundenkbar, dass er nicht selbst die menschliche Unmöglichkeiterkennt, nach einer solchen Auseinandersetzung und vollends nachdiesem Antrag noch unbefangen zu richten, und nicht die gesell-schaftliche Unmöglichkeit, noch richten zu wollen. Der auf den21. Oktober angesetzte Prozess betrifft einen Fall, der wie keinvorhergegangener den moralischen Abgrund dieser „Stunden“-Weltdemonstriert, vollends dadurch, dass die ungeheuerliche Beschul-

digung – meines Versuchs der Beamtenbestechung – von derStunde“ wider besseres Wissen und mit vollkommener Plan-haftigkeit aufgestellt, wieder nur auf eine Vernachlässigungder Obsorge hinausläuft, die niemals weniger vernachlässigtwurde, und dies nach allen Listen und Hilfen einer Ver-schleppung durch ein volles Jahr. Der Richter Hofrat Höflmayr hat gegenüber der offenkundigen Verlogenheit einen „Wahr-heitsbeweis“ gegen mich fast angeregt, und in einer Sache,deren Untersuchung schliesslich ergeben hat, dass die mirvorgeworfene Tat eben den Kreisen zur Last fällt, die denVorwurf in der Absicht der Verdunkelung, der Sensation wieaus purer Lust an der Büberei gegen mich erhoben hatten. Ichhege die Befürchtung, dass diese Schandtat, die selbst in derGeschichte der Revolverjournalistik einzig dasteht und derenBrandmarkung im Gerichtssaal die Erkenntnis der Sphäre we-sentlich fördern könnte, wieder mit ein paar Schilling davonkommen werde, ohne dass der Oeffentlichkeit von den Ergebnis-sen des Beweisverfahrens die erwünschte Kenntnis in der Ver-handlung selbst zuteil wird. Ja ich muss befürchten, dass nichteinmal dieses Resultat erzielt wird, sondern dass Herr HofratHöflmayr dem zu erwartenden Antrag der Verteidigung auf An-schluss an jenes Schwurgerichtsverfahren stattgibt und sobis zur sicheren Abweisung durch die Ratskammer eine neuer-liche Verschleppung herbeigeführt wird. Ich stelle den Antrag,den Richter, dessen bisheriges, durch meinen ganzen Kampf hin-durch beobachtetes Verhalten solche Befürchtungen zulässt,von der Funktion in dieser Sache zu entheben. Ich stelle denAntrag, sie einem Richter zu übertragen, vor den ich als An-kläger nicht mit der unmöglichen Empfindung treten muss, ihndurch die Anklage zu verstimmen, sondern in dem Bewusstsein,

dass in der Verfolgung eines sittlichen Zieles die Justizeine Hilfe ist und kein Hindernis. Sollte sich durch einen sonatürlichen Wunsch und durch den Antrag, der sich auf ihngründet, der Richter Herr Höflmayr zwar nicht in seiner rich-terlichen Unbefangenheit, aber wider Erwarten in seiner per-sönlichen Ehre berührt fühlen, der nahezutreten der wahrhaftenDarstellung einer leider vorhandenen Tatsächlichkeit fernliegt,so erwarte ich die Erhebung der Anklage, um vor der Oeffent-lichkeit zu beweisen, dass die Annahme seiner Befangenheitbegründet war. Ich werde zu diesem Zweck, mit dessen Erfüllungich durchaus in der Linie meines Kampfes gegen die Entartungdes Presswesens bleibe, alle erforderlichen Beweismittel bei-bringen: die Protokolle der Verhandlungen, die Urteile, die Be-richte des Blattes, dessen verantwortlicher Redakteur der Ange-klagte ist, die Aussagen von Zeugen über die sichtbare Haltungdes Richters und von solchen, denen Aeusserungen seiner sym-pathischen Gesinnung für die Person dieses Angeklagten bekanntgeworden sind.

Karl Kraus

Als Beweis für die in diesem Antrage behaupteten Tat-sachen führe ich an:

1.) Zum Nachweis der völligen Indulgenz gegenüberden in der Verhandlung fortgesetzten bübischen Attaken denBericht in der „Stunde“ über die Verhandlung vom 26.IV.1925veröffentlicht in der Nummer vom 28.IV.1925, laut welchemder Beschuldigte es wagen durfte, die entstellende Retouchedes Bildes als die individuelle Auffassung des Reproduzieren-den darzustellen und zur Vertretung seiner Ansicht, dass es

sich hienach um eine Meinung und nicht um einen Tatsachenbe-richt handle, folgendes zu sagen: „Karl Kraus war schon inseiner frühesten Jugend ein ausgesprochen miesser Bocher. Erhatte einen Mund, der schier von einem Ohr zum andern reichte,eine auffallend hässliche Nase und abnormal grosse Plattfüsse.Man könnte natürlich das, was das Bild zeigt, noch weiter fort-spinnen …“ Diese Ungeheuerlichkeit, die mit dem Sinn derVerantwortung gar nichts zu tun hatte, wurde von dem Vorsitzen-den Hofrat Höflmayr nicht etwa disziplinär behandelt, sondernnur mit der Bemerkung unterbrochen, dass das „bisher vom Ange-klagten Gesagte zur Exemplisierung genügen dürfte“; als derAngeklagte in demselben Ton weiter fortfuhr, wurde er überhauptnicht mehr zurecht gewiesen.

2.) Zum Nachweise des Herabgehens unter das gesetzlicheStrafminimum und die befangene Anwendung von Milderungsgründenverweise ich auf das Urteil gegen den Angeklagten Ernst Ely,vertreten durch seinen Machthaber Dr. Fritz Kaufmann vom 7. Ok-tober 1925, G.ZI. U I 223/25 und die vorhergehenden Verhand-lungsprotokolle.

3.) Zum Nachweise des Umstandes, dass Herr Hofrat Höflmayr trotz einer einmal bereits erfolgten Ausscheidung aus einemlandesgerichtlichen Akt eine bei ihm anhängige Angelegenheitneuerlich einem landesgerichtlichen Akt anzuschliessen versuch-te, wo es sich um eine für den Beschuldigten Dr. Fritz Kaufmann voraussichtlich mit einer Verurteilung endende Strafsachehandelte, während er eine nach § 26 P.G. anhängige Angelegenheitnicht dem Landesgericht abtrat, führe ich die zu beschaffendenAkten der Abteilung I an, die in den letzten drei Monaten zurVerhandlung gekommen sind.

4.) Zum Nachweis, dass Hofrat Höflmayr einen mir im übri-

gen äusserst erwünschten „Wahrheitsbeweis“ trotz Fehlen ei-ner klaren Behauptung des Beschuldigten, was er beweisenwolle, gegen mich fast angeregt hat, verweise ich auf den ge-genständlichen Prozessakt und insbes. auf die Divergenz inder Haltung des Beschuldigten, der vor dem Landesgerichte sich damit verantwortete, dass „Herrn Karl Kraus in dem Arti-kel die in der Anzeige beanständete unehrenhafte und angeb-lich unwahre Handlung gar nicht vorgeworfen“ sei. In der Ver-handlung vor Hofrat Höflmayr aber sagte er zuerst, er „könnewohl nicht beweisen, dass Herr Kraus jenem Dr. Rosenberg eineVollmacht gegeben habe, wohl aber wolle er beweisen, dasssich Dr. Rosenberg auf eine Vollmacht des Herrn Kraus berufenhabe“: – was ja selbst, wenn es wahr gewesen wäre, zum Beweiseder in den inkriminierten Artikeln Herrn Kraus zum Vorwurfgemachten Handlungen niemals genügen könnte. – Erst als derBeschuldigte sah, dass eventuell Herrn Hofrat Höflmayr dieserAntrag zur Zulassung des Wahrheitsbeweises doch nicht genü-gen könnte, was aus der Art seiner Stellungnahme zu dem An-trag ersichtlich war, ergänzte er seine Verantwortung dahin,dass er mit Hilfe des Dr. Rosenberg einen Zusammenhang mitHerrn Kraus herstellen wolle, was dem Richter bereits zurDeckung der inkriminierten Beleidigungen genügt hat.

Karl Kraus durch Dr. Oskar Samek

KrausKaufmann