31.1 Brief Alma Pollak an Kraus

Materialitätstyp:

  • Manuskript

Schreiberhände:

  • Alma Pollak, Bleistift

Sender

Alma Pollak
Wien

Empfänger

An: Karl Kraus
Wien
Seite von 4

Sehr verehrter Herr Kraus ich bestätige, daß aneinem Abend EndeMai Herr Liebstöckl an meinen Tisch imKaffee Imperial, woer sonst nie zu erscheinenpflegt, kam u. ineinem von ihm be-gonnenen Gespräch überdas Treiben der „Stundelaut den Ausspruchtat: „das Blatt istganz verwildert, es istdas reine Banditen-blatt geworden“, dann

sagte er noch unter andernstark abfälligen Be-merkungen, er selbstsei auf Urlaub gewesen,es sei höchste Zeit, daßer das Blatt säubere,auch Bekessy sei un-schuldig, er lese dasBlatt so w erst naim fertigen Zustand.Ich hatte den Eindruck,von daß er geflissentlichu. absichtlich mir, vonder er weiß, daß ich Siekenne, alles das sagteum gleichsam einenBeweis seines Wohlver-haltens zu erbringen.

Ausschließlich aus diesemGrunde u. aus Respektvor einer von mirvermuteten Regungder Einsicht des HerrnLiebstöckl, habe ich,die ganz in seinemSinn zu handelnglaubte, spontanIhren Bekannten (Sieselbst waren damalsnicht in Wien) u. un-mittelbar nach deräußerst auffälligenBegebenheit Mittei-lung gemacht. Als

Sie von Ihrer Reisezurück kamen, habeich Ihnen selbstdavon erzählt. –Es waren noch dreiPersonen bei der Szeneanwesend, die alledrei den gleichen Ein-druck hatten, beson-ders auch, daß esförmlich der Wunschdes Herrn Liebstöckl war, daß Ihnen seinAlibi bekannt gegebenwerde.

– In höchsterVerehrungAlma Pollak