88.2 Brief Samek an Arbeiter-Zeitung (verantw. Red. Bruno Holfeld)

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 21. Juni 1927
Betreff: Kraus - „Arbeiter-Zeitung“
Diktiersigle: Dr.S./Fa.

Empfänger

An: Wohlgeboren | Herrn Bruno Holfeld | verantwortlichen Redakteur der „Arbeiter-Zeitung“
Rechte Wienzeile 97
Wien
Seite von 2

Im Vollmachtsnamen des Herrn Karl Kraus,Herausgebers der „Fackel“, ersuche ich um die dem Pressgesetz ent-sprechende Aufnahme der folgenden Berichtigung einer in der Nr. vom19. Juni 1927 enthaltenen ihn betreffenden Behauptung. Sie ver-öffentlichen in dem Artikel „Aus der Radiowoche“ von O.K. den fol-genden Satz:

„Das Lied ‚Heiraten, heiraten‘ dürfte nicht vonNestroy herstammen, sondern von Julius Hopp. In einem Fackelheft ist das schon festgestellt worden und die Literaturkommandanturder Ravag könnte schon darum wissen.“

Die in diesem Satz enthaltene Behauptung ist, soweitsie sich auf die „Fackel“ bezieht, unrichtig, richtig ist viel-mehr das Gegenteil. In Nr. 691–696 (Juli 1925) der „Fackel“, S. 35,war in einem Vorlesungsprogramm das Lied „Heiraten“ als vonNestroy herstammend, „mit Musik von Julius Hopp“ verzeichnet. InNr. 697–705 (Oktober 1925), S. 37, wurde gegenüber der Zuschrift eines Lesers an der Vermutung festgehalten, dass das Lied, vonNestroy in eine Posse Friedrich Hopps eingelegt, nicht von diesem,sondern von Nestroy sei. Dass es von Julius Hopp, dem Komponisten

des Liedes, herstamme, ist weder in diesem noch in dem vorher-gehenden Hefte festgestellt worden. In Nr. 706–711 (Dezember 1925),S. 52, wurde gegenüber einer zweiten Zuschrift des Lesers abermalsauf das Gutachten eines alten Theaterkenners verwiesen, der nachwie vor an der Autorschaft Nestroys festhielt. In Nr. 751–756(Februar 1927), S. 78, wurde wieder in einem Vorlesungsprogrammdas Lied „Heiraten“ als Nestroys Einlage in der Posse „Das GutWaldegg“ von Friedrich Hopp, mit „Musik von Julius Hopp“ ver-zeichnet. Weder in einem dieser Fackelhefte noch in einem andernist festgestellt worden, dass das Lied „nicht von Nestroy, sondernvon Julius Hopp herstammt“. Eine Feststellung, dass das Lied, alsdessen Autor Julius Hopp überhaupt nicht in Betracht kam, nichtNestroys Originalwerk ist, sondern von ihm nach einem viel älte-ren Volkslied bearbeitet wurde und dass die Vermutung der Autor-schaft Nestroys irrig ist, wurde nicht in der „Fackel“, sonderninzwischen an anderem Ort vorgenommen.

Betr. Kraus – „Arbeiter-Zeitungexp. am 21. Juni 1927.