91.3 Privatanklage von Karl Kraus gegen Neues Wiener Abendblatt (verantw. Red. Oskar Hirth) wegen § 24 Pr.G.

Materialitätstyp:

  • Durchschlag
Datum: 26. September 1927
Stempel: Strafbezirksgericht I
Seite von 4

An dasStrafbezirksgericht IWien.

Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller inWien III. Hintere Zollamtsstrasse 3 durch:

Vollmacht ausgewiesen zu U I 109/25

Beschuldigter: Oskar Hirth, verantwortlicherRedakteur des „Neuen Wiener Tagblattesin Wien III. Esteplatz Nr. 4

wegen § 24 Pr.G. 1 fach2 Beilagen.

Privatanklage.

Das „Neue Wiener Abendblatt“ vom 17.September 1927 Nr. 254 des 61. Jahrganges enthältauf Seite 2 im letzten Absatz des LeitartikelsAmnestie?“ eine mich betreffende Unwahrheit, dassmich die sozialdemokratische Partei als Bundesgenossenvielleicht mobilisiert habe.Beweis: Das „Neue Wiener Abendblatt“ vom 17.September, Beilage A.

Ich habe dem Beschuldigten als verant-wortlichen Redakteur des „Neuen Wiener Abendblattesdurch meinen Rechtsanwalt Dr. Oskar Samek die Berichtigung B/ vom 19. September 1927 einge-schickt. Der Beschuldigte hat die Aufnahme dieserBerichtigung verweigert.

Beweis: Abschrift des Berichtigungsschreibensvom 19. September 1927, Beilage B/Postaufgaberezipiss, welches ich beider mündlichen Verhandlung vorlegenwerde.

Ich stelle daher durch meinen bereitsausgewiesenen Anwalt denAntrag,

1.) gegen den Beschuldigten eine Haupt-verhandlung anzuberaumen,

2.) ihn wegen des § 24 Pr.G. zu bestrafen,ihm den Auftrag zu erteilen, die Berichtigung inder gesetzlichen Weise zu veröffentlichen und aus-zusprechen, dass das „Neue Wiener Abendblatt“ vondem nach § 24 Pr.G. zu bestimmenden Tage an, nichterscheinen darf, wenn es die Berichtigung nichtgebracht hat,

3.) auszusprechen, dass für die Geld-strafe und die Kosten des Strafverfahrens zurungeteilten Hand mit dem Beschuldigten die Heraus-geberin und Eigentümerin „Steyrermühl“, Papier-fabriks- und Verlagsgesellschaft, Wien I. Fleisch-markt 5, hafte.

Karl Kraus.

KrausN. W. Abendblatt