112.78 Brief RA Willy Katz an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript
  • Kopie

Sender

Willy Katz
Wertheim a.Main, | Gasthof z. Schwan.
Datum: 5./9. 1931

Empfänger

An: Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Seite von 2

Abschrift.

Sehr verehrter Herr Kollege!

Ihre beiden Schreiben vom 25./8. und 2./9.1931 sindmir hierher übersandt worden. In Sachen Woll-Kerr hatte ich vor mei-ner Abreise dem Zeugen Dr. Lapp, der erst nach einer Vorschuss-Ein-Zahlung von RM. 250.– durch uns amtlich geladen wird, mitgeteilt, dassam 17./9. Termin ansteht. Lapp hat daraufhin dem Gericht und Dr. Laser-stein abgeschrieben; er sei auf Reisen in der Schweiz und am 17./9.noch nicht zurück. Lapp hatte bisher noch niemals abgesagt. SeineVernehmung halte ich für unverzichtbar. Ich sprach gestern telepho-nisch mit Dr. Laserstein und bat ihn, auch mündlich beim Vorsitzenden eine möglichst kurze Verlegung des Termines zu erwirken. Ich bin über-zeugt, dass auch Herr Kraus eine Hauptverhandlung ohne den Zeugen Lapp für unmöglich hält. Der Zeuge hatte mir vor dem vorletzten Termin nochschriftlich mitgeteilt, er hätte seinerzeit Kerr – vor dessen Ueber-tritt zu Mosse – von seiner (des Zeugen) Bedrängung, pro Reinhardt zukritisieren, persönlich unterrichtet, K. hätte dazu nur geschwiegen.Dr. Laserstein wird sicherlich von der zu erwartenden TerminsverlegungIhnen Nachricht geben.

In der Sache Ludwig teile ich Ihre sachlichen Bedenken,hinsichtlich einer sicheren Verurteilung Rowohlts durchaus. Auch beiuns ist Vorsatz, für die strafbare Beleidigung erforderlich. Ihn imVorverfahren zu vernehmen, wird nicht möglich sein, da für den konkretenFall das Sühneverfahren fortfällt. Den Vorteil, die Privatanklage auchgegen ihn auszudehnen, sehe ich gleich Ihnen in erster Linie darin, dasses so leichter sein würde, überhaupt zu einer Hauptverhandlung zu kom-men. Ich hatte vor Jahren eine Sache, bei der nur durch ein entsprechen-des Prozedieren das Erscheinen des im Ausland sich aufhaltenden direk-ten Beleidigers zu erreichen war. Allerdings war damals nicht der Ver-

leger eines Buches, sondern der Herausgeber einer Zeitschrift mit-zuverklagen, der Fall lag also einfacher und günstiger. Einen voll-kommen entsprechenden Fall habe ich noch nicht in meiner Praxisgehabt. – R. im Verfahren gegen Ludwig erst als Zeugen zu benennen,scheint mir nicht recht aussichtsvoll zu sein. Vielleicht wird ihmdas Gericht auch als Angeklagten nicht glauben, dass er das Buch seines erfolgreichsten Autors überhaupt nicht – auch nach der Druck-legung nicht – gelesen hat.

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, nochmals IhreMeinung über den aussichtsvollsten Modus des Vorgehens gegen R.und die Entschliessung von Herrn Kraus zu hören. In der Annahme,dass der Termin vom 17./9. in Sachen WolffKerr aufgehoben undmir das baldigst mitgeteilt wird, beabsichtige ich bis ca. den10./9. in den Ferien zu bleiben.

Mit vorzüglicher Hochachtung und der Bitte,Herrn Kraus, meine besten Empfehlungen auszu-richten, bin ich Ihr sehr ergebener

Katz m.p.