125.30 Brief Samek an Frankfurter Städtisches Schauspielhaus

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
Wien
Datum: 13. Juni 1930
Betreff: Kraus – Städtische Bühnen
Diktiersigle: Dr.S/Fa

Empfänger

An: die | Direktion der Städtischen Bühnen
Hochstraße
Frankfurt a/Main
Seite von 2

Ihre Zuschrift vom 2. Juni konnte ich HerrnKraus erst gestern nach seiner Rückkehr aus Deutschland zurKenntnis bringen. Er hat mich ermächtigt, Ihnen das Folgendemitzuteilen:

Sie verlangen ein Entgegenkommen von einemVertragsteilnehmer, dem sie auf seine wiederholten Anfragen, wannder Vertrag zu seiner Erfüllung gelange, auch nicht mit einemWörtchen geantwortet haben. Mehr als das, selbst der Hinweisauf die Notwendigkeit, den Termin der Aufführung zu dem Zweckezu erfahren, dass Vorlesungen in Frankfurt und benachbartenStädten angeschlossen würden, ist von Ihnen unberücksichtigt ge-blieben und dies, wiewohl Ihnen von mir die Verantwortung fürdas Unterbleiben dieser Vorlesungen, deren Veranstalter gleich-falls keinen Termin erfahren konnten, vor Augen geführt wurde.Die Zuschrift, die Sie an mich richten und in der Sie zumersten Male überhaupt zur Frage der Vertragserfüllung Stellungnehmen, enthält auch nicht den Versuch einer Entschuldigungoder Aufklärung dieses schon vom gesellschaftlichen Standpunktund vollends unter Vertragsteilnehmern ungewöhnlichen Verhaltens.Sie weisen mit Recht darauf hin, dass wir bereits in der warmenJahreszeit halten, in der die Theater lieber leichte Unter-haltungsstücke aufführen. Mit keinem Wort aber bringen Sieeine Erklärung dafür bei, warum Sie nicht dem Vertrag gemäss

die „Unüberwindlichen“ in der kalten Jahreszeit aufgeführt habenund mit Ihrem Vorschlage einer Verschiebung erst kommen, dadie Temperaturverhältnisse sich bereits ungünstig gestaltethaben. Ganz mit Recht heben Sie hervor, dass es auch im Inter-esse des Herrn Kraus liege, „dass das Stück im Winter in derguten Jahreszeit herauskommt“, ohne Entschuldigung dafür, dassdas Stück im Winter in der guten Jahreszeit nicht herausge-kommen ist.

Trotz allen diesen Umständen ist meinKlient bereit, Ihrem an sich berechtigten Standpunkt für dienächste günstige Jahreszeit Rechnung zu tragen, nur wäre ernicht in der Lage, in eine Verschiebung bis auf dem Winter ein-zuwilligen. Mein Mandant ist also bereit, Sie von der Ver-pflichtung das Stück noch in der laufenden Saison aufzuführen,unter der Bedingung zu entheben, dass Sie sich verpflichten,es in der Zeit vom 15. September bis Ende November 1930 zurAufführung zu bringen und die im § 6 des Vertrages festge-setzte Vertragsstrafe auf 2.000.– Mark zu erhöhen. Fernerstellt er die Bedingung, dass Sie rechtzeitig den genauen Terminbekanntgeben, also mindestens vier Wochen vor der Aufführung,damit die von den Veranstaltern in Frankfurt und benachbartenStädten zu arrangierenden Vorlesungen angesetzt werden können.

Ihrer gefälligen umgehenden Antwort ent-gegensehend zeichne ich

hochachtungsvoll

Rekommandiert.

KrausStädtischeBühnen