125.32 Brief Frankfurter Städtisches Schauspielhaus an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Alwin Kronacher
FRANKFURT AM MAIN
Datum: 28. Juni 1930
Diktiersigle: Dr. K/L

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt Dr. Oskar Samek
Schottenring 14
Wien I
Seite von 3

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

Ihr Schreiben vom 13. Juni ist Ihnen bereits durch meinBüro bestätigt worden.

Vor allen Dingen bitte ich Sie, mir zu glauben, dass aufmeiner Seite nicht die geringste Absicht einer Kränkung vorlag.Ich würde es lebhaft bedauern, wenn Sie und Herr Karl Kraus dasso empfänden. Ich habe nach der Uraufführung der „Unüber-windlichen“, die ich in Dresden sah, in Begeisterungfür das Werk das Stück sofort erworben, und Sie dürfen mir glauben,dass nur die schwierigsten Umstände und unüberwindlichen Hemmun-gen es waren, die mich dazu führten, das Stück in dieser Spiel-zeit nicht aufzuführen. Damit hängt es auch zusammen, dass Sieeine bestimmte Antwort nicht früher erhalten haben, weil immerwieder versucht wurde, das Stück doch in den Spielplan einzuset-zen, und sich dann immer wieder von neuem Hindernisse in den Wegstellten. (Ein städtischer und staatlicher Betrieb ist in dieserZeit viel schwerer zu führen als ein Privattheater.)

Ich bitte Sie nun, überzeugt zu sein, dass ich das Werk in der nächsten Spielzeit bestimmt zur Aufführung bringen werde,ersuche Sie aber, den Endtermin auf spätestens 28. Februar 1931festzusetzen. Der Grund dieser meiner Bitte ist der, dass icheinen grösseren Spielraum habe, und Herr Karl Kraus hat anderer-seits die Gewähr, in der allerbesten Theaterzeit aufgeführt zuwerden. Ich verpflichte mich ferner, mindestens 4 Wochen vor derAufführung Ihnen den Termin mitzuteilen und selbst mitzuwirken,um Herrn Kraus die Möglichkeit von Vorlesungen, die für Frankfurt nach meiner Ueberzeugung ein grosses künstlerisches Ereignisbedeuten werden, zu verschaffen und zu erleichtern. Ich würdemich ausserordentlich freuen, wenn Herr Karl Kraus bereit wäre,eventuell in einer Morgen-Veranstaltung an einem Sonntag oderam Abend nach einer Vorstellung im Schauspielhaus selbst eineVorlesung zu halten.

Mit der Erhöhung der Vertragsstrafe auf 2000.– RM erkläreich mich ebenfalls einverstanden.

Indem ich Sie nochmals ganz ergebenst bitte, mit meinemVorschlag des Endtermins einverstanden zu sein, begrüsse ich Siein ausgezeichneter Hochachtung und bitte Sie, Herrn Karl Kraus meine besten Empfehlungen zu bestellen.

ErgebenstDr. Kronacher

KrausStädtische Bühnen 30. JUNI 1930