125.44 Brief Frankfurter Städtisches Schauspielhaus an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Alwin Kronacher
FRANKFURT AM MAIN
Datum: 25. Febr. 1931

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt Oskar Samek
Schottenring 14
Wien | I.
Seite von 3

Sehr geehrter Herr Doktor!

Ich komme jetzt zur Erledigung der Angelegenheit „DieUnüberwindlichen“, nachdem der Regisseur des Stückes, Herr Ver-hoeven, der übrigens auch die Dresdner Inszenierung des Stückes gemacht hat, wieder genesen ist. Ich bin im Prinzip mit IhremVorschlag, das Stück bis zum 15. April zu spielen, einverstanden,bitte Sie nur für den äussersten Fall als letzten Termin den 19.April zu gestatten, weil ich, des Osterfestes wegen, mit den Pro-ben etwas behindert bin. Ich nehme an, dass diese Verschiebungum wenige Tage, die ja vielleicht garnicht notwendig wird, Sienicht tangiert.

Was die Vertragsstrafe von RM 2.000.– betrifft, so musssie, wenn die Aufführung nicht fristgemäss stattfindet, ohne Wei-teres bezahlt werden. Dass ein besonderer Notariatsakt errichtetwird, ist an keiner deutschen Bühne üblich und auch für Sie garnichtnotwendig. Sie können übrigens überzeugt sein, dass ich das Stück zur Aufführung bringen werde, die Vorbereitungen sind bereits ge-getroffen. Ebenso ist es an deutschen Bühnen auch selbstverständlich,dass auch bei Zahlung der Vertragsstrafe die Pflicht zur Aufführungbestehen bleibt.

Was den Vortrag von Karl Kraus betrifft, so würdeich dazu gerne das Schauspielhaus zur Verfügung stellen, doch

kommt nur ein Sonntag-Vormittag oder eventuell, aber m.E. weni-ger günstig, eine Nachtvorlesung nach der Vorstellung in Be-tracht, weil die Stadt nicht gestatten würde, dass eine Abend-vorstellung mit dem hiesigen Ensemble vollkommen ausfällt. Dasmüsste aber der Fall sein, wenn die Vorlesung um 7 oder 8 Uhrbeginnen würde. Selbstverständlich würde eine Vorlesung, diedrei Stunden dauert, sowohl für den Vormittag als auch für dieNacht, zu lange sein. Ich erlaube mir aber darauf hinzuweisen,dass nach meiner Erinnerung in Dresden, auch zu den von mir an-gegebenen Zeiten kürzere Vorlesungen von Karl Kraus stattgefun-den haben. Ich muss leider auch noch erwähnen, dass gegenwärtigGastspielhonorare von den städtischen Behörden bewilligt werdenmüssen, und dass ich eine Bewilligung von RM 1.000.– bei denaugenblicklichen finanziellen Schwierigkeiten – zu allem Unglückwird im Augenblick gerade der Theateretat beraten – nicht durch-setzen könnte. – Ich habe Beziehungen zu einer hiesigen Konzert-direktion und wäre gerne bereit, wenn Sie es wünschen, für KarlKraus unverbindlich mit ihr in Verbindung zu treten.

Mit vorzüglicher HochachtungergebenstDr. Kronacher

KrausStädtischeBühnen 27. FEB. 1931