125.168 Brief Samek an RA Richard Pressburger

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 8. Februar 1934
Betreff: Verlag „Die Fackel“ – | Frankfurter städt. Bühnen
Diktiersigle: Dr.S/Fa.

Empfänger

An: Herrn | Dr. Richard Pressburger, | Rechtsanwalt
Stubenring Nr. 12
Wien I.
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Ich habe die Anregung Ihrer Kanzlei beider-seits auf die Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtesfür ZRS. Wien von 28.12.1933, G.Z.7 Cg 322/32, zu verzichten,meinem Klienten vorgetragen. Er hätte ohne Ihre Anregungdie Berufung einbringen lassen, und zwar zu dem Zwecke, umdie beispiellosen Machenschaften ihrer Frankfurter Klientin noch klarer hinzustellen, als es der Richter erster Instanz ohnedies in so dankenswerter Weise getan hat. Mein Klient hatsich aber meiner Ansicht angeschlossen, dass die Verdeutlichungder begangenen Untreue d.h. die weitere gerichtliche Ent-hüllung des Komplottes zwischen der Theaterleitung und jenemHerrn Bringezu (dessen Name von Nestroy für diesen Zweck er-funden sein könnte) in keinem angemessenen Verhältnis zu demKostenrisiko stünde. Andererseits wäre es nach ihrer Anregungerschwert, den Eindruck zu vermeiden, dass der Prozess aus-schliesslich zu dem materiellen Zweck d.h. um die Konventional-strafe in der vereinbarten Höhe zu erzielen, weiter geführtwerde. Herr Karl Kraus hat diesen Prozess natürlich auch nichtzu dem Zweck geführt, um in Deutschand, und insbesondere unterden „veränderten Zeitumständen“, als Autor zu reüssieren, son-

dern lediglich, um einen der krassesten Fälle im Gebieteder Theatermoral zur Anschauung zu bringen. Da nun durchdiese zivilprossssuale Beendigung der Angelegenheit sowohlIhre Mandantin wie der ihr nahestehende Herr Bringezu umdie Möglichkeit einer Rehabilitierung gebracht werden, ver-weist mein Mandant, wie schon in der Verhandlung selbst, diebeteiligten Personen auf den Strafrechtsweg.

Sie werden ersucht, diese Mitteilung wei-terzuleiten.

Ich zeichne mit vorzüglicher kollegialerHochachtung