133.4 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
PRAG II
Datum: 26.XI.1932
Diktiersigle: Dr.T/S

Empfänger

An: P.T. | Herrn JUDr. Oskar Samek, | Advokat
Schottenring 14
Wien – I
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doktor.

Herr Karl Kraus ersuchte mich, Ihnen,sehr geehrter Herr Doktor, das Ergebnis meiner Erhebungen überdie Verhältnisse des ehemaligen Konzertdirektors ErichSchamschula bekanntzugeben.

Ich gestatte mir daher mitzuteilen,dass ich folgendes erhoben habe:

Erich Schamschula wohnt in Prag XII,Třebízského Nr. 8 und hat vor einigen Jahren in Prag eine Kon-zertdirektion errichtet, die ursprünglich von ihm allein, spätergemeinsam mit Mark Bičurin unter der Bezeichnung KONZERTDIREKTIONAMÉ betrieben wurde. Als Schwiegersohn eines angesehenen undvermögenden Prager Arztes hatte er anfangs auch Kredit. Vor Er-richtung der Konzertdirektion war er Vertreter einer Gramofon-firma, für welche er offenbar auf eigene Rechnung Apparateund Platten verkaufte. Bei diesem Unternehmen dürfte er grössereVerluste erlitten haben. Auch mit der Konzertdirektion ging esnicht besser und die Gesellschaft mit Bičurin wurde vor circa1 1/2 Jahren aufgelöst. Schamschula war Konzessionär und hat dieKonzession bis heute nicht niedergelegt, betreibt jedoch dieKonzertagentur nicht weiter, während Bičurin als Konzertdirektor

auch heute tätig ist. Nach Auflösung der Gesellschaft mit Bičurin übernahm Schamschula zuerst die Vertretung der Firma August Förster,Klavierfabrik-Georgswalde, für welche er insbesondere in der Slowa-kei als Agent tätig war. Da er bei seinen unglücklichen geschäft-lichen Unternehmungen bedeutende Schulden kontrahiert hatte, liefengegen ihn unausgesetzt Exekutionen ein, sodass seine Provisions-forderungen bei der Firma Förster – wie mir gesagt wurde – beinahewährend seiner ganzen Tätigkeit bei dieser Firma gepfändet warenund blieben. Es ist nicht bekannt, ob er deswegen aus den Dienstendieser Firma entlassen wurde, oder ob er freiwillig die Vertretungder Firma Förster gegen die der Firma Scholze Klavierfabrik- Georgs-walde, ausgetauscht hat. Auch jetzt noch sollen Exekutionen gegenihn geführt werden, doch scheint sich seine Situation insoferne ge-bessert zu haben, als er für die Firma Scholze erfolgreich tätigist, daher an Provisionen für den Verkauf der Scholze-Klaviereimmerhin grössere Beträge erhalten musste. Er hält sich sehr seltenin Prag auf und bereist oft monatelang als Agent dieser Firma hauptsäch-lich die Slowakei. Sein Ruf ist nicht besonders gut und es wirdbezweifelt, ob grössere Beträge bei ihm eingetrieben werden können.

Ich bitte, vorläufig diese Mitteilung zur Kenntnis zunehmen und bin gerne bereit, Herrn Kraus und Ihnen weitere Informa-tionen zu besorgen und auch sonst in dieser Angelegenheit behilf-lich zu sein.

Mit dem Ausdrucke vorzüglichster HochachtungIhr ergebener:Dr. Turnovsky

KrausSchamschula28. NOV. 1932