133.12 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Überarbeitungen

Schreiberhände:

  • Johann Turnovsky, schwarze Tinte

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
PRAG II.
Datum: 16.I.1933
Diktiersigle: Dr.T/S.

Empfänger

An: P.T. | Herrn Dr. Oskar Samek | Advokat
Schottenring 14
Wien I
Seite von 4

Sehr geehrter Herr Doktor.

Ich bestätige den Empfang Ihrer gesch.Zuschrift vom 14. l.M. in Sachen des Herrn Karl Kraus gegenErich Schamschula und teile höfl. mit, dass ich eine Strafan-zeige folgendes Inhaltes überreicht habe:

„Im Jahre 1928 veranstaltete HerrKarl Kraus in Prag und in Karlsbad Vorlesungen und bedientesich beim Arrangement der Dienste des Herrn Erich Schamschula, früherenBesitzers der Konzertdirektion Amé, dermalen wohnhaft in PragXII. Třebízského 8. Es war vereinbart, dass Herr Erich Scham-schula für die Besorgung der vorbereitenden Arbeiten 10% derBruttoeinnahmen erhält. Dies galt für die Prager Vorlesungen.Für die Karlsbader Vorlesungen hatte Erich Schamschula 50%der den Betrag von 2500.– Kč übersteigenden Reineinnahmen zuerhalten.

Erich Schamschula besorgte die Vorle-sung in Karlsbad am 24.V.1928 durch Vermittlung der Konzert-direktion Hans Feller in Karlsbad, von welcher er als Rein-ertrag nach Abzug der dieser Konzertdirektion gebührenden Ent-lohnung den Betrag von 5.378.60 Kčausgezahlt erhielt. Von diesem Betrage zahlteer Herrn Kraus, resp. legte für diesen an Fahrt-auslagen, Hotelspesen, Flugzeugkarte etc. 1.000.– Kčaus, sodass4.378.60 Kč

Uebertrag 4.378.60 Kčverblieben. Nach Abzug der 2.500.– Kčverblieben 1.878,60 Kčsodass Schamschula verpflichtet war, dieHälfte davon per 939.30 Kčan Herrn Kraus auszufolgen. Dieser Verpflichtung ist ertrotz wiederholten Aufforderungen nicht nachgekommen, wiewohler bereits in seinem Briefe vom 15.XI.1928 ankündigt, erwerde diesen Betrag am 4. Dezember 1928 an Herrn Kraus ein-senden. Auch auf weitere Aufforderungen des Rechtsfreundesdes Herrn Kraus hat Erich Schamschula nicht reagiert undschliesslich erklärt, er könne sich der Angelegenheit nichtmehr erinnern und die Sache müsse verjährt sein.

Selbst nachdem er belehrt worden ist, dassvon einer Verjährung schon deswegen keine Rede sein könne,weil er sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht hat,aus welcher er den Nutzen noch in Händen habe, hat ErichSchamschula den zu Unrecht zurückbehaltenen Betrag HerrnKarl Kraus nicht ausgefolgt. Mit Rücksicht darauf wirddie Einleitung des Strafverfahrens gegen Erich Schamschula wegen Veruntreuung beantragt. Herr Karl Kraus tritt diesemVerfahren als Privatbeteiligter bei und zwar für den erlit-tenen Schaden per 939.30 Kč samt 5% Zinsen vom 26.V.1928.“

Es besteht zwar noch eine weitere, nichtganz aufgeklärte Differenz von 64.42 Kč und 160.–, dieich jedoch nicht geltendgemacht habe, weil die diesbezüg-lichen Belege fehlen und weil ich die Sachen nicht unnützkomplizieren wollte.

Ob dieses Einschreiten Erfolg haben wird,

kann ich nicht voraussagen, hoffe jedoch, dass Scham-schula, insoferne er dazu nur einigermassen in derLage ist, bestrebt sein wird, durch Zahlung die Einstel-lung des Strafverfahrens zu erreichen.

Indem ich bitte, dies zur Kenntnis zu nehmenund mich Herrn Kraus bestens zu empfehlen, zeichne ich

mit vorzüglichster Hochachtungergebener:Dr. Turnovsky

KrausSchamschula17. FEB. 1933