134.6 Erklärung [Zeugenaussage] von Hanna Schwarz

Schreiberhände:

  • Oskar Samek, roter Stift

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Annotationen
Datum: 10. November 1929
Seite von 1

Abschrift,

Erklärung.

In Sachen Dr. Paul Pisk, Wien gegen Karl Kraus, Wien gibt dieEndesunterzeichnete Opernsängerin Hanna Schwarz, derzeit amStaatlichen Theater zu Kassel tätig, folgende Erklärung zu denAkten:

Ich war am Freitag, den 7. Juni 1929 zusammen mit Herrn Dr.P.A. Pisk in einem Offenbach-Vortrag des Herrn Karl Kraus imSaale des Ingenieur- & Architektenvereines Wien in der Eschen-bachgasse. Herr Kraus trug an diesem Abend die Operette „Blaubartvor. Wir wollten vor Beendigung des Vortrages weggehen und standenschon an der Tür, als Herr Kraus die Bemerkung in seinen Vortrageinflocht:

„Es hat sich ein ‚Schlieferl‘ eingeschlichenund morgen werden Sie wahrscheinlich in der Zeitunglesen, dass ich nicht singen kann.“

Es war mir sofort klar, dass mit diesem „Schlieferl“ niemandanders gemeint war, als Herr Dr. Pisk, denn es war mir bekannt,dass Herr Dr. Pisk einige Tage zuvor einer dritten Person gegen-über eine Bemerkung kritischer Art über Herrn Kraus abgegebenhatte. Diese Bemerkung wurde Herrn Kraus wahrscheinlich hinter-bracht.

Die Art und Weise, wie Herr Kraus die beleidigende Aeusserungtat liess in mir keinen Zweifel offen, dass er damit nur HerrnDr. Pisk hatte treffen wollen, denn die Aeusserung war durchausan eine einzelne Person gerichtet und trug keineswegs allgemeinenCharakter.

Ich bin jederzeit bereit, diese Erklärung zu beeiden.

Kassel, den 10. November 1929 Hanna Schwarz m.p.