134.12 Brief Herbert B. Mildner an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

H. B. Mildner
Lietzenburgerstrasse 13
BERLIN W15
Datum: 24. Jänner 1930

Empfänger

An: Herrn Dr Oskar Samek
I., Schottenring 14
WIEN
Datum: 27. JAN. 1930
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doctor! Auf Veranlassung des Herrn Karl Kraus schicke ich Ihnen für dessen Prozess gegen Dr. P.A. Pisk einige Exemplareder „Berliner Börsenzeitung“. Weitere werden noch folgen. Auszunützen wärehier die Nachbarschaft der Berichte Pisk’s mit den Angriffen der Bztg aufdie Linke, insbesondere auf die österreichische Sozialdemokratie, die zwar nichtvon Pisk stammen, deren Nähe aber diesen Sozialdemokraten auch nicht weiter in-teressiert.

Einen wirklichen Fall wahrhafter geistiger Korruption sehe ich indieser Tatsache: In Nr 535 berichtet Pisk über eine Schönberg-Aufführung einesJubiläumskonzertes anlässlich der 25-Jahr-Feier der Wiener Arbeiter-Symphonie-Konzerte. Ich schicke Ihnen auch einen Bericht Pisk’s der Wiener Arbeiterzeitung über dasselbe Konzert. In diesem erklärt Pisk die „wirklich revolutionärenStücke für den Höhepunkt des Abends, um sie darauf im Berichte der Bztg völligtotzuschweigen, weil ja die Tendenz dieser Stücke gegen die Tendenz der Bztg steht. Pisk vergewaltigt sich also selbst gegen ein scheinbar lohnendes Honorar.Und gerade diese Haltung, die einerseits ein Entzücken zum Ausdrucke bringt, dannaber wieder – wenn es sich lohnt – schweigt, ist die typische eines Schlieferls.

Ich bin weiter an der Arbeit, die letzten Monatsbände der Btzg durch-zusehen. Die Ihnen gesandten Exemplare sind aus der Zeit vom 15. Oktober bis 31.Dezember 1929.

ErgebenstMildner

Kraus – Dr. Pisk 27. JAN. 1930