142.7 Brief Th. Knaur Nachf. Verlag [Adalbert Droemer] an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Adalbert Droemer
Prager Strasse 14
Berlin W 50
Datum: 4. März 1930
Diktiersigle: K/Dr/Di

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt Dr. Oskar Samek
Schottenring 14
Wien I
Seite von 5

Sehr geehrter Herr Doktor,

ich komme heute zurück auf Ihr Schreiben vom26. Febr., in dem Sie ausführlich Ihre Auffassung des Ver-lags-Projektes Kraus/Knaur darlegen.

Ich bitte Sie, überzeugt zu sein, dass ichIhren Gedankengängen mit grösstem Interesse und allem Willen,Ihnen zu folgen, nachgegangen bin. Trotzdem ist es mir inAnbetracht meiner klaren Erinnerung an die Vorgänge leidernicht möglich, mich Ihren Ausführungen ohne weiteres anzu-schliessen. Vor allem möchte ich betonen, dass es sich beiden in Ihrem Schreiben zu einem Complex zusammengefasstenbeiden ProjektenA) Verlag von KrausDie letzten Tage der Menschheitin einer Sonderausgabe des Knaur-Verlages B) Vermittlung eines Lizenzdruckes bei der Gutenberg-Gilde um zwei vollkommen getrennte Unternehmungen handelt, welcherstem ich aus dem Standpunkt des Verlegers, welch zweitemich aus dem Standpunkt des amikalen Vermittlers gegenüber-stand, ohne irgendwie die Absicht zu haben, aus dieser Ver-mittlung, die ich im Interesse des Herrn Kraus nach Möglich-keit fördern wollte, irgendwelchen materiellen Vorteil zuerzielen.

Im ersten Falle lagen die Dinge in der von Ihnenerwähnten Besprechung am 17. Januar ds.Js. so, dass ichHerrn Kraus in Gegenwart des Herrn Direktor Fischer, der

Zeuge unserer gesamten Unterhandlungen gewesen ist, mit-teilte, dass es mir leider nicht möglich gewesen sei, meinebeiden Sozien für das Projekt einer Aufnahme seines schönenund wertvollen Werkes in unserer Standard-Serie zu gewinnen.Die besonderen Beweggründe, die meine Sozien bei dieser Ab-lehnung leiteten, haben Sie in Ihrem letzten Schreiben durchausrichtig wiedergegeben.

Um Herrn Kraus zu zeigen, wie hoch ich seine literar-ische Arbeit und sein Lebenswerk schätze, habe ich ihm injener Besprechung am 17. Januar, in der ich ihm das Scheiternmeines Versuches, das Werk für meine Standard-Serie zu ge-winnen, mitteilen musste, erklärt, dass dadurch mein Interessean seinem Werk keineswegs erloschen sei und ich weiter denVersuch machen wolle, meine Sozien für eine neue Form, nämlichfür das Erscheinen des Werkes in einer Sonder-Ausgabe desKnaur-Verlages, zu interessieren. Ich habe diese MitteilungHerrn Kraus selbstverständlich vor einer Besprechung mit meinenSozien gemacht, da ich doch zunächst seine Einwilligung zudieser so völlig neuen Form haben musste, ehe es überhauptSinn haben könnte, auf Grund dieser neuen Basis mit meinenSozien zu verhandeln.

Herr Kraus hat meine Ausführungen mit Interesse ange-hört, hat jedoch in dem Augenblick, als ich ihm für den Falleines Zustandekommens eines Vertrages ein Höchsthonorar vonRM 10000.– = 10 Pfg. pro Band in Aussicht stellte, soforteinwerfend erklärt, dieses Gebot läge weit hinter zwei anderenAngeboten, die ihm vorlägen. Hierfür hat Herr Kraus sogleichdie Zeugenschaft des Herrn Direktor Fischer angerufen.

Vollkommen unabhängig von dieser Vorbesprechung überdie etwaige Möglichkeit eines Verlags-Abkommens erklärte ichHerrn Kraus, um die Differenz zwischen der von mir gesehenenwirtschaftlichen Höchsteinnahme für ihn und den ihm vorlie-genden besseren Vorschlägen von anderer Seite zu überbrücken,mich mit der Gutenberg-Gilde in Verbindung zu setzen und alleszu tun, um eine bisher unverbindliche Beziehung zu der Guten-berg-Gilde so auszubauen, dass sich von dort aus eine weitereEinnahme für ihn ergäbe. – Ein Vertreter der Gutenberg-Gilde

hatte, wie Sie in Ihrem Schreiben richtig ausführen,gelegentlich eines Besuches bei mir von meiner Idee, mitHerrn Kraus wegen seines Werkes in Verlags-Beziehungen zukommen, gehört und sein Interesse qua Buchgemeinschaft / Guten-berggilde zum Ausdruck gebracht. Hier bestand vielleicht dieMöglichkeit, die Gutenberg-Gilde mit einer Auflage von 30000Exemplaren und einem Honorar von 30 Pfg. pro Exemplar, dieich Herrn Kraus in ihrer Gänze zufliessen lassen wollte, zugewinnen und hierzu bot ich meine freundschaftliche Vermitt-lung ohne jedes persönliche materielle Interesse an.

Der Versuch, die Gutenberg-Gilde auf Grund ihresgeäusserten Interesses nunmehr zu einer bindenden Bestellungfestzulegen – den ich bald nach Rückkehr von meiner Reiseunternahm – ist leider missglückt.

Es verblieb für mich dann nur die Möglichkeit, mitmeinen Sozien über die Frage zu verhandeln, ob sie bereitseien, das Werk im Knaur-Verlag als Sonder-Publikation er-scheinen zu lassen und es stand dieser Möglichkeit die Aeusse-rung des Herrn Kraus gegenüber, dass er schon wesentlichbessere Angebote besitze. Unter diesen Umständen bin ich selbst-verständlich nicht mit viel Hoffnungen an die Besprechung mitmeinen Sozien herangegangen, denn ich durfte kaum erwarten,dass sie im Falle einer Zusage auf eine Erhöhung des Honorarseingehen würden.

Meine Besprechung hat dann leider dazu geführt, dassmeine Sozien das Werk auch nicht zur Publizierung als Einzel-Werk geeignet halten. Unter diesen Umständen war es mir natür-lich nicht möglich, jene für beide Teile völlig unverbindlicheVorbesprechung, die wir hier in Berlin geführt haben, zueinem Vertrage auszubauen.

Ich darf in diesem Zusammenhang noch erwähnen, dasszweifellos die in Ihrem Briefe geäusserte Auffassung, ich hättemich bei unserer Besprechung einseitig in vertragsbindenderForm ausgesprochen, während Herrn Kraus ein unlimitiertesRücktrittsrecht verblieben wäre, auf einen Irrtum beruhen muss.Mein Angebot konnte garnicht einseitig bindend für mich sein,da es ja, wie gesagt, abhängig von der Zustimmung meiner Sozienwar.

Im übrigen aber wird heutzutage kein Verleger einebindende Offerte abgeben, ohne eine kurze Frist für derenGültigkeit zu bestimmen. Davon war aber zwischen uns nichtdie Rede, sondern nur davon, meine Vorschläge in bindenderForm schriftlich niederzulegen. Wäre mein Angebot bindendgewesen, so hätte es der schriftlichen Formulierung, um dieHerr Kraus ausdrücklich bat, nicht bedurft, sondern nur einerschriftlichen Bestätigung von seiner Seite.

Ich hoffe, dass meine Ausführungen Sie, sehr geehrterHerr Doktor, und vor allen Dingen Ihren Klienten, für dessenLebenswerk ich nach wie vor die grösste Bewunderung hege undfür den einzutreten mir stets eine besondere Freude sein wird,davon überzeugt haben werden, dass nur ein Missverstehenunserer in Berlin am 17. Januar erfolgten Besprechungen durchIhren Klienten zu der Kontroverse unserer letzten Briefeführen konnten.

Mit vorzüglicher HochachtungDroemer

KrausKnaur Verlag5. MRZ. 1930