142.6 Brief Samek an Th. Knaur Nachf. Verlag

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Überarbeitungen

Schreiberhände:

  • Oskar Samek,

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 26. Februar 1930
Betreff: Kraus – Knaur-Verlag.
Diktiersigle: Dr.S/Fa.

Empfänger

An: die | Firma Th. Knaur Nachf. Verlag
Pragerstrasse 14
Berlin W 50
Seite von 4

Ihr Schreiben vom 12. ds. beantworte icherst heute, etwa weil Herr Kraus von einer Auslandsreise erst vorwenigen Tagen zurückgekommen ist und ich mit ihm wegen dermeiner Information gerade entgegengesetzten Behauptung IhresBriefes noch einmal sprechen musste. Ich habe auch den Zeugender Unterredung Ihres Herrn Droener mit Herrn Kraus, HerrnDirektor Heinrich Fischer über die beiden Gespräche befragtund auch er bestätigte mir vollinhaltlich die mir erteilteInformation.

Es bleibt also dabei, dass der Sachver-halt, wie ich ihn in meinem Brief vom 5. Februar mitgeteilthabe, richtig ist. Die zweite Unterredung war gerade zu demZweck bestimmt worden, damit Herr Droener unterdessen mitseinen Sozien sprechen könne und bei dieser zweiten Unterredungbrachte Herr Droener die endgiltige zustimmende Antwort, dasResultat, das eben Herr Kraus für diesen Tag verlangt hatte.Herrn Droener muss sein Gedächtnis im Stiche gelassen haben,wenn er behauptet, dass beide Unterredungen dem Wunsche ge-widmet waren, Vorverhandlungen zu führen, um erst späterhin

die Entscheidung der Sozien einzuholen. Die zweite Unter-redung hätte auch gar keinen Sinn gehabt, wenn sie nicht dieendgiltige Entscheidung zu bringen gehabt hätte. Keinesfallslag es in der Absicht des Herrn Kraus, die vorjährigeSituation, die gleichfalls aus zwei Gesprächen bestandenhatte, zu wiederholen und weiterzuschleppen. Der klare Unter-schied gegen damals besteht eben darin, dass das, was HerrDroener jetzt anführt: Er hätte sich in der zweiten Unterredungauf eine noch nötige Rücksprache mit den Sozien berufen, fürdas zweite Gespräch vom Dezember 1928 zutrifft, keineswegs aberfür das jetzige zweite Gespräch, in welches Herr Droener mitdem fertigen Resultat der „Rücksprache mit den Sozien“ eintrat.Dieses Resultat, zustimmend oder ablehnend, war eben in derersten jetzigen Unterredung ausdrücklich verlangt, aus-drücklich zugesagt worden und wurde mit unüberbietbarer Deut-lichkeit Herrn Karl Kraus in Gegenwart des Herrn DirektorHeinrich Fischer überbracht. Herr Droener begann mit den Worten:„Also ich habe mir meine Sozien zusammengerufen, habe ihnennoch einmal das Exemplar vorgelegt, habe darauf hingewiesen,dass ich Herrn Kraus jetzt die Entscheidung bringen müsse, habehervorgehoben, es handle sich ‚um das bedeutendste Werk derletzten 50 Jahre, vielleicht der letzten 100 Jahre, das braucheich nicht zu erörtern, das steht fest, aber, was für uns ausser-dem wesentlich ist, ich halte die Publikation auch für einenausgesprochenen geschäftlichen Erfolg‘ und habe nunmehr meineSozien um die Entscheidung gefragt. Die Entscheidung lautet:Wir sind nicht in der Lage, dieses Werk in unsere Standard-Bibliothek zu übernehmen, weil wir die Kontinuation haben und

weil unsere Sortimenter, die verpflichtet sind, unsereStandardbücher abzunehmen, wegen des exponierten Charakterdieser Publikation hinterdrein rebellisch werden könnten,aber wir sind entschlossen, das Werk in den Knaur Verlagzu übernehmen. Dies hat den Nachteil der fehlenden Kontinua-tion, aber wir drucken trotzdem 100.000 Exemplare, die wirsofort genau wie bei der Standard-Bibliothek mit 10 Pfennigper Exemplar, d.i. 10.000 Mark honorieren.“ Auf die Fragedes Herrn Kraus, welche Bücher im Knaur Verlag sonst er-scheinen, erwiderte Herr Droener: „Klassiker.“ Er setztefort: „Ausserdem übermittle ich Ihnen einen zweiten Antrag.Bei dem Gespräch mit meinen Sozien war der Leiter derGutenberggilde anwesend, der sich für das Buch ausserordent-lich interessiert. Auf meine Frage, ob er es kenne bejahteer und bat mich, Ihnen den Antrag zu übermitteln, er wolle30.000 Exemplare des Werkes übernehmen, die per Exemplarmit 30 Pfennig honoriert werden. Wir bleiben bei der Be-dingung, dass ein erklärender Index unserer Auflage beizu-schliessen ist. (auf das Honorar für den Verfasser desIndex 800 bis 1.000 Mark soll es uns nicht ankommen), dieGutenberggilde stellt im Gegenteil geradezu die Bedingung,dass ihrer Auflage kein Index beigeschlossen wird, weil sieWert darauf lege, das Werk in der vorhandenen Gestalt zudrucken.“

Die Darstellung des Herrn Droener indiesem Punkte, wonach er später bei der Gutenberggilde an-gefragt und einen ablehnenden Bescheid erhalten hätte, ergäbenur dann eine logische Möglichkeit, wenn bei der Besprechungnur die Verbindung mit der Gutenberggilde angeregt worden

wäre, sei es von Herrn Droener oder gar von Herrn Kraus, der aberbis dahin von der Existenz dieser Vereinigung keine Kenntnishatte. Im Gegenteile hatte er sich nach dem Gespräch infor-miert und erfahren, dass die Vereinigung eine solche sei,die den Gebrauch des auch hier gewahrten Rücktrittsrechtesnicht notwendig gemacht hätte. Einen „ablehnenden Bescheidkonnte Herr Droener von der Gutenberggilde nicht erhaltenhaben, da eine solche nur auf eine Bewerbung durch HerrnKraus hätte erfolgen können, während im Gegenteile HerrDroener den Antrag der Gutenberggilde überbracht hatte.

Ich zweifle loyalerweise nicht, dassHerr Droener nunmehr sich an den Sachverhalt genau er-innern und zugeben wird, den Brief vom 12.2. in einer Ge-dächtnisstörung geschrieben zu haben, und dass nunmehr keinHindernis besteht, dass Sie die beiden Verträge, deren Ein-sendung unmittelbar nach Rückkehr des Herrn Droener ausMünchen fest zugesagt war, an meine Adresse gelangen lassen.Sollte das binnen 8 Tagen nicht der Fall sein, so bin ichbeauftragt, den Gerichtsweg zu beschreiten.

Hochachtungsvoll

Rekommandiert

KrausKnaurVerlag