189.60 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
Prag
Datum: 16.VII.1934
Betreff: Kraus – Gegen-Angriff

Empfänger

An: P.T. | Herrn Dr. Oskar Samek, | Rechtsanwalt
Reindorfgasse 18
Wien – XIV
Seite von 2

Ich berufe mich auf meinen Brief vom 13.d.M. und teile höfl. mit, dass am Tage der Zustellung desEinstellungsbeschlusses die Nummer 28 des Gegen-Angriff er-schienen ist, in der, offenbar noch vor Zustellung des Beschlus-ses an die verantwortliche Redakteurin, die Erklärung mit derUnterschrift „Dr. Marie Schnierer“ veröffentlicht ist. DerDruckfehler der ersten Veröffentlichung „bereit“ statt„beredt“ ist jedoch abermals in der Erklärung enthalten.Da ich befürchtet habe, die Gegenpartei könnte dem Gerichte diese letzte Nummer mit der Behauptung vorlegen, sie habenunmehr die im Vergleiche übernommene Verpflichtung erfülltund das Gericht werde übersehen, dass der Druckfehler nichtbeseitigt wurde und dem evtl. Antrage auf Widerrufung derEinstellung stattgeben, habe ich sofort eine Eingabe über-reicht und auf die Nichterfüllung der Vergleichsbedingungenhingewiesen. Ausserdem habe ich am gleichen Tage noch beimVorsitzenden des Pressesenates interveniert und die Zusageerhalten, dass der Einstellungsbeschluss nicht widerrufenwerden wird, bevor nicht der Nachweis von der erfolgten feh-lerlosen Veröffentlichung der im Vergleiche vereinbarten Er-klärung erbracht werden wird.

Heute rief mich der Vorsitzende des Sena-tes an und teilte mir mit, Herr Dr. Stein habe bei ihm vorge-

sprochen und ihn ersucht, doch nicht darauf zu beharren, dassdie Erklärung noch einmal, das ist bereits zum dritten Male,veröffentlicht werde. Dies habe er jedoch abgelehnt, woraufDr. Stein die Erklärung abgab, er werde also die dritte, dies-mal fehlerfreie Veröffentlichung der Erklärung veranlassen.Auch mich hat Dr. Stein angerufen und versucht, mich dazu zubewegen, meine Einwilligung zur Unterlassung der dritten Ver-öffentlichung zu erteilen, was ich jedoch mit Rücksicht aufden neuerlichen Angriff in der vorletzten Nummer und auf dasbisherige Verhalten der Gegenpartei strikte abgelehnt habe.So wird nun der Gegen-Angriff gezwungen sein, den beleidigen-den Artikel anstatt einmal, dreimal zu widerrufen.

Ich werde die nächste Nummer genau nachsehen, um festzustellen,ob diesmal nicht wieder ein Druckfehler unterläuft.

Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Doktor, dieseMitteilung an Herrn Kraus weiterzuleiten und zeichne mitbesten Empfehlungen an diesen und mit dem Ausdrucke vorzüglicher

Hochachtung Ihr ergebener:Dr. Turnovsky

KrausGegenangriff17. JULI 1934