193.5 Brief RA Johann Turnovsky an Samek

Materialitätstyp:

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Sender

JUDr. JOHANN TURNOVSKY | Advokat
Vodičkova 33
Prag
Datum: 17. September 1934
Betreff: Sozialdemokrat:

Empfänger

An: Wohlgeboren Herrn | JUDr. Oskar Samek, Rechtsanwalt
Reindorfgasse
Wien XIV.
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Doktor.

In dieser Angelegenheit gestatte ich mir mitzu-teilen, dass die Vergleichsverhandlung für den 22. d.M. anberaumtworden ist.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die beklagtePartei eine Genugtuung anbieten wird. Mit Rücksicht auf dieBestimmung des § 9 Abs. 3 des Gesetzes über den Schutz der Ehre,würde es sich empfehlen, wenn mir Herr Kraus bekanntgeben würde,welche Satisfaktionserklärung akzeptiert werden könnte. Dieerwähnte Bestimmung lautet: „Das Gericht kann von der Verhängungeiner Strafe wegen der in dem §§ 1, 2 oder 4 angeführten Handlun-gen absehen, wenn der Schuldige dem Gekränkten spätestens vorBeginn der Hauptverhandlung / Verhandlung / angemessene Genug-tuung geleistet hat. Bei der Beurteilung der Angemessenheitder Genugtuung hat das Gericht die Umstände des Falles, namentlichden Inhalt und die Form der Kränkung, die Verbreitung derAeusserung, das verletzte Interesse, das Verhalten des Schuldi-gen nach der Tat insbesondere aber den Umstand zu berücksichti-gen, ob die Kränkung in wie immer gearteter Form wiederholtworden ist.

Da Herr Kraus oft schwer zu erreichen ist, sollteman vielleicht seine Aeusserung über die zu verlangende Genug-tuung in allen Fällen gleich vor der Klagsüberreichung einholen.

Ich zeichne

mit vorzüglicher HochachtungIhr ergebener:Dr. Turnovsky

KrausSozialdemokrat 18. SEP. 1934