193.5 Brief RA Johann Turnovsky an Samek
Materialitätstyp:
- Typoskript
Sender
JUDr. JOHANN TURNOVSKY | AdvokatVodičkova 33
Prag
Empfänger
An: Wohlgeboren Herrn | JUDr. Oskar Samek, RechtsanwaltReindorfgasse
Wien XIV.
Sehr geehrter Herr Doktor.
In dieser Angelegenheit gestatte ich mir mitzu-teilen, dass die Vergleichsverhandlung für den 22. d.M. anberaumtworden ist.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die beklagtePartei eine Genugtuung anbieten wird. Mit Rücksicht auf dieBestimmung des § 9 Abs. 3 des Gesetzes über den Schutz der Ehre,würde es sich empfehlen, wenn mir Herr Kraus bekanntgeben würde,welche Satisfaktionserklärung akzeptiert werden könnte. Dieerwähnte Bestimmung lautet: „Das Gericht kann von der Verhängungeiner Strafe wegen der in dem §§ 1, 2 oder 4 angeführten Handlun-gen absehen, wenn der Schuldige dem Gekränkten spätestens vorBeginn der Hauptverhandlung / Verhandlung / angemessene Genug-tuung geleistet hat. Bei der Beurteilung der Angemessenheitder Genugtuung hat das Gericht die Umstände des Falles, namentlichden Inhalt und die Form der Kränkung, die Verbreitung derAeusserung, das verletzte Interesse, das Verhalten des Schuldi-gen nach der Tat insbesondere aber den Umstand zu berücksichti-gen, ob die Kränkung in wie immer gearteter Form wiederholtworden ist.“
Da Herr Kraus oft schwer zu erreichen ist, sollteman vielleicht seine Aeusserung über die zu verlangende Genug-tuung in allen Fällen gleich vor der Klagsüberreichung einholen.
Ich zeichne
mit vorzüglicher HochachtungIhr ergebener:Dr. Turnovsky
Kraus – Sozialdemokrat 18. SEP. 1934