Die Annoncen Expedition Rudolf Mosse nahm ein Inserat für die Fackel Nr. 767–794 an, die „Die Akten zum Fall Kerr“ enthielt. Das Inserat sollte im Berliner Tageblatt und in der Literarischen Rundschau gebracht werden. Als die Annoncen Expedition Rudolf Mosse die Schaltung des Inserats im letzten Moment doch ablehnte, klagte Karl Kraus durch seinen Berliner Anwalt Botho Laserstein wegen Vertragsbruch. Die beklagte Partei beantragte die Klage kostenpflichtig abzuweisen: Es habe kein Vertrag zwischen dem Kläger Kraus und der Annoncen Expedition Rudolf Mosse bestanden und über die endgültige Aufnahme eines Inserates entscheide immer noch der Verlag der entsprechenden Zeitung. Diese haben das Inserat abgelehnt, da es sich um die Ankündigung einer Schmähschrift handle. Zudem wisse man über die Fackel: „‚Die Fackel‘ ist eine in Wien erscheinende Zeitschrift, die vorwiegend von Angriffen lebt. Es gibt kaum einen Träger eines wertvollen Namens in Deutschland, den der Besitzer und Herausgeber Karl Kraus nicht schwer beschimpft hätte. Für seine mechanisch erfolgenden, regelmässigen und gewohnheitsmässigen Dauerangriffe, die oft sensationell aufgemacht sind, schützt er ‚moralische‘ Beweggründe vor“ (113.7). In einer Erwiderung auf diesen Antrag erklärten Laserstein, Samek und Kraus zu diesen Angriffen: „Es ist selbstverständlich unter der Würde des Klägers auf die Verunglimpfungen seiner Persönlichkeit einzugehen. Es genügt festzustellen, daß die über den Kläger vorgetragenen Sachen sämtlich Unwahrheiten oder Entstellungen sind, die immer wieder auftauchen, die [der] Kläger hunderte von Malen widerlegt hat […]“ (113.8). Danach kamen sie zum „juristischen Kern“ der Sache, der durch solche Ausfälle verdunkelt werde, zurück: Das Berliner Tageblatt sei ein gewerbliches Anzeigenunternehmen. Seine Redaktion sei nicht verpflichtet zu prüfen, was sich hinter einem Inserat verberge. Auch durch den in einer Filiale abgeschlossenen Inseratenvertrag werde ein Blatt verpflichtet. Wenig später musste Botho Laserstein aus Berlin melden, dass die Klage abgewiesen worden sei: „Dadurch, daß der Inseratenchef der Filiale Mosse am Schiffbauerdamm eidlich bekundet hat, die Fackel nicht zu kennen, die Plakate nicht gesehen zu haben und in dem Inserat keinen Angriff gegen den Mitarbeiter Kerr vermutet zu haben, hat das Gericht unsere Klage abgewiesen. Als Grund gab mir der Richter privat den § 242 BGB an (Treu und Glauben), mit dem sich ja alles machen lässt […].“ Kraus wünschte trotz geringer Chancen die Einreichung einer Berufung, wozu es aber offenbar nicht kam.
113.1 Brief RA Botho Laserstein an Kraus
30. September 1928
113.2 Brief Fritz Cohn (RA der Annoncen Expedition Rudolf Mosse) an Verlag Die Fackel
5. Oktober 1928
113.3 Klage von Verlag Die Fackel gegen Verlag Rudolf Mosse (Amtsgericht Berlin-Mitte)
9. Oktober 1928
113.4 Brief RA Botho Laserstein an Kraus
9. Oktober 1928
113.5 Brief RA Botho Laserstein an RA Fritz Cohn
9. Oktober 1928
113.6 Brief RA Fritz Cohn an RA Botho Laserstein
10. Oktober 1928
25. Oktober 1928
6. November 1928
113.9 Brief RA Botho Laserstein an Verlag die Fackel
10. November 1928
113.10 Brief RA Botho Laserstein an Samek
24. November 1928
113.11 Brief Samek an RA Botho Laserstein
28. November 1928
113.12 Beschluss des Amtsgerichts Berlin-Mitte (G.Z. 25C 135/28)
10. April 1929
113.13 Brief Samek an RA Fritz Cohn
20. April 1929
20. April 1929
keine Orte
keine Klassifikation
keine Angaben
113.13 Originalmappe Oskar Samek – Akt 113
30. September 1928
keine Orte
keine Klassifikation
keine Angaben