15.3 Protokolle der Vernehmung von Fritz Kaufmann und Anton Sztranyak

Materialitätstyp:

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Datum: 30. Juni 1925
Seite von 4

6.

Vr. XXVI 4093/25/4.

Vernehmung des Beschuldigten.

Landesgericht für Strafsachen Wien I. am 30. Juni 1925.Beginn – Uhr.

Richter OLGR. Dr. Wetz, Schriftführer M. Storch.Strafsache gegen Dr. Fritz Kaufmann wegen Urheberrechts-eingriff.

Der Beschuldigte wird ermahnt, die vorzulegenden Fragen be-stimmt, deutlich und wahrheitsgemäß zu beantworten. Er gibtüber seine Personalverhältnisse an:

Dr. Fritz Kaufmann

16.VIII.1896 Wien mos. verh. Redakteur der „Stunde“ Universi-tät, kein Vermögen, wohnt in Wien. VIII. Piaristengasse 56, ElternDr. Felix (gest.) und Wilma, Gattin Helene, hat für Frau undKinder zu sorgen, 3 und 1 Jahr. Vorstrafe. Einigemale wegenPressdelikte.

Ich bekenne mich nicht schuldig, in der Richtung desVergehens gegen das Urheberrechtsgesetz. Ich habe das inkri-minierte Bild vor der Drucklegung gesehen und es auch zumDrucke befördert, doch bezieht sich meine Haftung als verant-wortlicher Redakteur bloss auf den Inhalt der Druckschriften,also allenfalls auf den Inhalt des Bildes und habe ich dasselbe auch nach dieser Richtung hin geprüft. Ob durch die Ver- öffentlichung dieses Bildes ein Urheberrecht verletzt wird,dies zu überprüfen war nicht meine Sache, ebensowenig wie ichzu prüfen habe, ob für einen Artikel das Honorar bezahlt wordenist.

Auf welche Weise das Bild des Karl Kraus in die Re-daktion gekommen ist, ist mir nicht bekannt und weiss ichauch nicht, welcher Redakteur das Bild zur Veröffentlichungbestimmt hat und es interessiert mich dies auch nicht. Beiwelcher Klischeeanstalt das Klischee für das Bild gemachtworden ist, ist mir nicht bekannt, da wir bei mehreren Klischee-anstalten Klischees herstellen lassen. Die Aufträge für dieKlischeeanstalten werden von der Bilderredaktion gegeben, beiwelcher eine Anzahl von Redakteuren beschäftigt ist.

V.g.g.

Unl. Unterschrift. U

Dr. Fritz Kaufmann m.p.

4.

Vr. XXVI/4093/25/2.

Zeugeneinvernehmung,

Landesgericht für Strafsachen Wien I. am 30.VI.1925

Beginn – Uhr

Richter OLGR. Dr. Wetz, Schriftführer M. Storch Strafsache gegen unbekannte Täter und gegen Dr. FritzKaufmann wegen Urheberrechtseingriff.

Der Zeuge wird ermahnt, auf die an ihn gerichteten Fragennach seinem besten Wissen und Gewissen die reine Wahrheit an-zugeben, nichts zu verschweigen und seine Aussage so abzulegen,dass er sie erforderlichenfalls eidlich bekräftigen kann.Er gibt über seine Personalverhältnisse an:

Anton Stranyak

38 Jahre, Wien geb. kath. verh. Gesellschafter der KlischeeIndustrie Ges.m.b.H. wohnt Wien III., Gestettengasse 4a.

Meine Gesellschaft liefert ständig der „Stunde“ dieKlischees für die in dieser Zeitung erscheinenden Abbildungen.Einer von unseren Dienern trägt die Klischees in die Redak-tion der „Stunde“ und übernimmt die Aufträge für weitere Kli-schees. Hiebei erhält er die betreffenden Photografien oderZeichnungen, wobei dann angegeben ist, in welchen Grössen-verhältnissen das Klischee gebracht werden soll und allen-falls besondere Wünsche. So auch war das inkriminierte Bildzu uns gekommen. Ich hatte dasselbe vom Diener übernommen.Die Figur des Karl Kraus, damals war es mir übrigens unbe-kannt, wessen Bildnis es war, war ausgeschnitten und auf einezweite Photografie, welche eine Zigeunerkapelle darstellte,aufgeklebt, Flasche und Trinkglas war bereits eingezeichnet(einretouschiert). An der Photografie war ein Auftragszettelangehängt, auf welchem stand: „Hintergrund zurückspritzen.d.h. lichter machen. Dem entsprechend wurde dann von meinerFirma das Klischee angefertigt und mit dem Bilde wieder zu-rückgesendet.

Von welcher Person in der Redaktion der „Stundeder Auftrag ausgegangen ist, weiss ich nicht, da dies aufdem Bild nicht ersichtlich war. Dies ist nie an den Bildernersichtlich. Hinsichtlich der Berechtigung der Vervielfältigunghabe ich mich weiter nicht gekümmmert, da ich voraussetze, dassdie Stunde nur solche Bilder zur Vervielfältigung bringt, be-züglich deren sie ein Recht dazu hat. Ich habe auch gar nichtdie Zeit dazu, Erhebungen zu pflegen, oder mich bezüglich jedeseinzelnen Bildes bei der „Stunde“ nach dem Rechte der Verviel-fältigung zu erkundigen, da diese Arbeiten rasch ausgeführtwerden müssen u.zw. innerhalb einiger Stunden. Mir ist auchnichts bekannt, auf welche Weise die „Stunde“ in den Besitzdes Bildes gekommen ist.

Ferdinand Hofbauer ist ebenfalls Ge-sellschafter meiner Firma, hat aber mit dem gegenständlichenKlischee gar nichts zu tun gehabt und kann daher diesbezüglichkeine Auskunft geben.

V.G.G.

Anton Stranyak m.p.

Unterschriften.