15.24 Beschwerde gegen den Beschluss vom 25. Juni 1926

Materialitätstyp:

  • Durchschlag
Datum: 30. Juni 1926
Seite von 4

Vr XXVI 4093/25

An dasLandesgericht für Strafsachen Wien I Wien.

Karl Kraus,Richard Lany,durch:

1 fach,

erheben Beschwerde gegen den Beschluss vom 25.VI.1926 Vr XXVI 4093/25

Mit Beschluss vom 25.VI.1926 wurde uns gem. Artikel 2 desGesetzes vom 8.VI.1925 B.G.Bl. 233 die Bezahlung des Pauschalkosten-beitrages hinssichtlich der beiden Beschuldigten Emmerich Bekessy und Anton Kuh von je 50.– S zusammen 100.– S binnen 14 Tagen beisonstiger Exekution aufgetragen.

Gegen diesen Beschluss bringen wir durch unseren bereits aus-gewiesenen Anwalt folgendeBeschwerde ein.

1.) Es kann von einer Verpflichtung zum Ersatz des Pauschal-kostenbeitrages so lange nicht die Rede sein und ein solcherPauschalkostenbeitrag darf so lange nicht vorgeschrieben werden,als das im Art. I Punkt 2 des Bundesgesetzes vom 8. Juli 1925 betref-fend die Kosten des Strafverfahrens B.G.Bl. 233 angekündigte„besondere Gesetz“ nicht erschienen ist. Alle Bestimmungen des Bun-desgesetzes vom 3. Juli 1925 sind, soweit sie den Pauschalkostenbei-trag betreffen, vorläufig nicht in Kraft, da eben das Gesetz, welchesdie näheren Bestimmungen über den Pauschalkostenbeitrag treffensoll noch nicht beschlossen und publiziert wurde.

2.) Nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 8. Juli 1925ist die Einhebung eines Pauschalkostenbeitrages im vorliegenden Fallüberhaupt nicht berechtigt. Das Strafverfahren richtete sich gegenDr. Fritz Kaufmann, Emmerich Bekessy und Anton Kuh. Bezüglich Dr.Fritz Kaufmann läuft das Verfahren weiter, da gegen ihn die An-klage rechtzeitig erhoben wurde. Nur bezüglich Emmerich Bekessy und Anton Kuh erfolgte eine Einstellung des Strafverfahren gem.§ 109 StPO. Man kann infolgedessen nicht davon sprechen, dass dasStrafverfahren auf andere Weise als durch ein verurteilendes Er-kenntnis beendet worden ist, da das Strafverfahren ja seinenFortgang nimmt und nur zwei der Beschuldigten aus dem Strafver-fahren ausgeschieden sind. Grundlegend für die Entscheidung wäredie Beantwortung der Frage, ob bei Einstellung der Voruntersuchung

vor Erhebung der Anklage der Privatankläger für jeden in Unter-suchung gezogener Beschuldigten den Pauschalkostenbeitrag zubezahlen hat. Es mag sein, dass das in Zukunft zu erlassende Gesetzüber den Pauschalkostenbeitrag dies bestimmen wird. Die bisherigenBestimmungen des Gesetzes vom 8. Juli 1925 geben zu dieser Rechts-ansicht keine Veranlassung. Der § 389 Abs. 2 bestimmt, dass vonmehreren Angeklagten jeder einzelne zur Tragung des Pauschalkosten-beitrages der dem gegen ihn gefällten Erkenntnis entspricht zu ver-urteilen ist. Der § 390 Abs. 2 bestimmt, dass von mehreren Privat-anklägern, wenn sie erfolglos die Bestrafung verschiedener Per-sonen begehrt haben, jeder für den Pauschalkostenbeitrag haftet,der zu entrichten gewesen wäre, wenn seine Anklage den einzigenGegenstand des Verfahrens gebildet hätte. Diese beiden Bestimmun-gen setzen voraus, dass die Beendigung des Verfahrens durch eineErkenntnis nach erhobener Anklage erfolgt ist. Eine gleiche Be-stimmung bezüglich des Pauschalkostenbeitrages für den Fall alses nicht zur Erhebung einer Anklage, sondern nur zur Einleitungder Voruntersuchung gekommen ist, fehlt im Gesetz. Der Absatz 1des § 390 StPO. enthält über den Pauschalkostenbeitrag keine Be-stimmung. Die Post D des Artikels II des Gesetzes vom 8. Juli 1925 enthält keine Bestimmung darüber, was zu geschehen hat, wenn dieVoruntersuchung gegen mehrere Personen eingeleitet und auf an-dere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis beendet wordenist. Nach unserem Dafürhalten ist in einem solchen Falle der Pau-schalkostenbeitrag nur einmal bezahlen, unabhängig davon wieauch die Anzahl der Beschuldigten ist, da zur Verpflichtung des Privat-anklägers für jeden Beschuldigten den Pauschalkostenbeitrag auchin diesem Falle zu bezahlen, eine ausdrückliche Bestimmung des Ge-setzes notwendig wäre. Schliesst man sich aber dieser Ansicht an, somuss man in den Fall, als das Strafverfahren auch nur gegen einenvon mehreren Beschuldigten zu einer Anklage führte, von der Vor-

schreibung des Pauschalkostenbeitrages für die Beschuldigtenbezüglich welcher eine Anklage nicht erfolgt ist, absehen.Wir beantragen daher den Beschluss des Landgerichtes fürStrafsachen Wien I vom 25.VI.1926 als ungesetzlich aufzuheben.

Karl Kraus Richard Lanyi

Kraus Lanyi Dr Kaufmann 30.VI.26.