15.25 Beschluss des Oberlandesgerichts Wien (G.Z. Bs. 911/26)

Schreiberhände:

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Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Annotationen
Datum: 6. Juli 1926
Seite von 4

Bs 911/261

Vr XXVI 4093/2555

Andas Landesgericht für StrafsacheninWien I.

Das Oberlandesgericht Wien als Beschwerdege-richt hat in nicht öffentlicher Sitzung nach Anhörung derOberstaatsanwaltschaft in der Strafsache gegen Dr. FritzKaufmann und Genossen wegen Vergehens des Urheber-rechtseingriffes über die Beschwerde der PrivatanklägerKarl Krauss und Richard Lanyi, gegen den Be-schluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien I vom25. Juni 1926, Vr XXVI 4093/25/2, insoferne der hinsicht-lich der beiden Beschuldigten Emmerich Bekessy undAnton Kuh zu entrichtende Pauschalkostenbeitrag mit je50 S, zusammen 100 S festgesetzt wurde, denBeschluss gefasst:

Der Beschwerde wird Folge gegeben der erstge-richtliche Beschluss wird dahin abgeändert, dass dervon den beiden Privatanklägern Karl Krauss und RichardLanyi hinsichtlich der beiden Beschuldigten EmmerichBekessy und Anton Kuh zur ungeteilten Hand zu entrichten-de Pauschalkostenbeitrag mit insgesamt 50 S festgesetztwird.

Gründe:Zu 1.) Der in der Beschwerde vertretene Rechts-standpunkt, dass ein Pauschalkostenbeitrag solange nicht

vorgeschrieben werden dürfe, als das im Art. I Punkt 2des Bundesgesetzes vom 8. Juli 1925, BGBl. Nr. 233, an-gekündigte „besondere Gesetz“ nicht erschienen sei unddass die Bestimmungen dieses Gesetzes soweit sie denPauschalkostenbeitrag betreffen, vorläufig nicht inKraft seien, ist irrig.

Die Worte im Art. I 2 Pkt. 1 des zitiertenBundesgesetzes: „die näheren Bestimmungen darüber trifftein besonderes Gesetz“, sind lediglich in der geänder-ten Bestimmung des § 381 StPO. enthalten, und das „be-sondere Gesetz“ ist eben das Bundesgesetz vom 8. Juli 1925,BGBl. Nr. 233, betreffend die Kosten des Strafverfah-rens, welches am 1. Oktober 1925 in Kraft getreten ist.

Zu 2.) Das Strafverfahren zu Vr XXVI 4093/25,welches über den Strafantrag der zwei Privatankläger KarlKrauss und Richard Lanyi eingeleitet wurde, richtete sichgegen drei Beschuldigte. Gegen zwei derselben EmmerichBekessy und Anton Kuh wurde das Strafverfahren gemäss § 109StPO. eingestellt, also „auf andere Weise als durch einvorurteilendes Erkenntnis beendet“ und sind daher diePrivatankläger kostenersatzpflichtig. (§ 390 Abs. 1 und 4StPO.) Es haften also die Privatankläger für die Kostendes gegen die beiden genannten Beschuldigten eingestell-ten Strafverfahrens zur ungeteilten Hand. (§ 390 2. Abs.StPO. nach dem Bundesgesetze vom 8. Juli 1925, Nr. 233BGBl.) und zwar nur einmal, also im gegebenen Falle nurmit dem Betrage von 50 S insgesamt und nicht wie das Erst-gericht meint, für jeden der Beschuldigten mit dem Betrage von 50 S. Dies geht daraus hervor, dass das zitierte Gesetz keine Bestimmungen darüber trifft, dass im Falle

ein Strafverfahren mehrerer Privatankläger gegen dieselbenBeschuldigten gleichzeitig eingestellt wird, der Pauschal-kostenbetrag in Ansehung eines jeden der Beschuldigtenim selben Ausmasse zu entrichten sei.

In Ansehung des Strafverfahrens, welches gegenDr. Fritz Kaufmann weiter läuft, wird nach seiner Beendi-gung Beschluss darüber zu fassen sein, ob, in welcher Hö-he und welchem der beteiligten Personen ein weitererPauschalkostenbeitrag aufzuerlegen sein wird.

Oberlandesgericht Wien, Abt. VI,am 6. Juli 1926.

[Unterschrift]

An HerrnDr. Oskar Samek R.A.Wien I

Kraus, Lanyi Dr. Kaufmann u Gen.16. Juli 1926