35.54 Brief RA Willy Katz an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

DR. WILLY KATZ | Rechtsanwalt
Friedrichstraße 204
Berlin SW 68
Datum: 10. November 1932
Betreff: Kraus ./. Kuh

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt | Dr. O. Samek
Schottenring 14
Wien I
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Leider ist die deutsche Vorschrift über Voll-streckungsvereitlung weit enger als offenbar dieoesterreichische. Das deutsche Strafgesetzbuch ver-langt in § 288 die Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, die durch Veräusserungoder Beiseiteschaffung von Bestandteilen seines Ver-mögens verwirklicht wird. Die deutsche Rechtsprechunglegt diese Bestimmung eng aus und verneint die Straf-barkeit von Handlungen, die lediglich sich auf einenbevorstehenden Vermögenserwerb beziehen. Die Direk-tion des Deutschen Künstlertheaters war im vorlie-genden Fall noch nicht Schuldner von Kuh geworden,sondern trat erst in in Schuldverhältnis durch Ab-schluss des Vertrages mit Bryk ein und zwar in einSchuldverhältnis zu diesem. Wenn auch der Zweck derGläubigerbenachteiligung klar erkennbar ist, so wärestrafrechtlich im vorliegenden Fall nichts zu machen

sondern höchstens eine Anfechtungsmöglichkeit gegeben.Inzwischen hat Kuh durch die Blätter anzeigen lassen,dass er im November einen zweiten Vortrag hält. Ichhoffe sehr, dass ihm meine Kenntnis seines Mittels-mannes nicht zu Ohren gekommen ist. In diesem Fall hätteeine Forderungspfändung gegen diesen Aussicht auf Er-folg. Ich möchte daher vorschlagen, vorläufig nichts zuunternehmen und evtl. erst bei einem Fehlschlag derzweiten Massnahme einen Anfechtungsversuch zu machen.

Ich sehe mit Interesse Ihrer freundlichen Äusserungentgegen und zeichne mit vorzüglicher Hochachtung undherzlichen GrüssenIhr sehr ergebenerDr. Katz

KrausKuh 11. NOV. 1932