68.22 Abschrift von 17 Gedichten von „Gottlieb“

Schreiberhände:

  • Heinrich Fischer, schwarze Tinte

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Annotationen
Datum: 31. Mai 1927
Seite von 8

Sechste Ode von d’Annunzio

I.Uno anno dura la guerraSul commando dell’Inghilterra;Celebramo questa festaIn alle nesta.

II.Nebbich, siamo nella tinta –Io commo dahinta.O Havanna! O Trabucco!Non avanti, mà zarucco.Che triste jubileo,Eiweo, eiweo!Grande italiana ritirada;In Gorgonzola una máda.

III.La stupidita è il nostro manco!Tirolo, Gorizia, tutta la summaEra offerta gratis e franco –Hetma si gnumma!!

O Tiziano! O Raffaello!Che schlamassello!O Giulia! Ada! Ida!Machma frieda! machma frieda!

Gottlieb.

Tag Nr. 119: 21.V.16

Rumänisch.

I.Haimat! schon sait ainer WailulIst dir ja kain Knochu hailul!Daitlich siht man, nebbicheschti,Der Bulgarovan vadreschti.

Pletzlich aus den Donau-SchilfulAilt ihm Prusscovan za Hilful!Haite waiss man bis Constanza:Essig is mit Lurbeerkranza!

Kainer krigt ja soviel PrigulAuf dem ganzen Erdballescu!Schaint fast: warst net aufi g’stiegul,Warst net abi g’fallurescu!

II.Wem in aller WeltovanSull man das vergeltovan?Augu-Augu- Zahnu-Zahnu!Man verkaile dem Bratianu!

Gottlieb.

Tag Nr. 237: 8.X.16

Krisen ringsum .

Horcht, es wackelt mancher Sessel,Manchen Zankruf hört man tönen;Balfour u. Lloyd-George u. Cecil Fühlen ihren Deez erdröhnen.

Und auch Frankreichs VolkesbotenKnausern mit Vertrauensnoten;Die Minister an der SeineKriegen manchmal kalte Beene.

Die Entente, glaubt es nur,Sehnt sich nach der Heilungskur.Und sie sucht die neuen Ärzte –Denn sie schmerzt der Allerwertste.

Gottlieb.

Tag Nr. 292: 13.XII.16

Die Sechste.

Langsam kommt sie an die Reihe,Unsre sechste Kriegsanleihe.Diesmal ist ein Trick dabei,Dass sie recht verlockend sei.

Wird dein Schatzschein ausgelost,Mensch, dann schreie jubelnd Prost!Kriegst statt hundert – hundertzehne,Haste Töne?

Wenn dir Deutschland kurz u. bündigDeine Schatzpapiere kündigt,Ist es denkbar, dass man leichtBis zu hundertzwanzig steicht.

Es begrenzt das Kündigungsrecht sich1967.(Mancher Mann u. manche MaidWünscht: wir wären schon so weit.)

Jedenfalls winkt dir der bareReingewinn, im Lauf der Jahre.Doch er ist im KräftespielSicher nicht das höchste Ziel.

Braucht es erst besondren ReizesZur Besiegung deines Geizes?Eh’ du knurrst u. eh’ du murrst,Denk’: es geht halt um die Wurst.

Peter.

Tag Nr. 55: 7.III.17

(Der Tag, Ill. Teil Ausgabe A,Nummer 13, 16.I.1916)

Chronik.

Östreich sitzt nun auf dem Lowtschen(Heiß erhofft schon … ward es oft schon);Dieser Vorstoß hatte sinnigeKonsequenzen für Cetinje.

*

Auf den Fruchtgefilden Korfus Landen Serben (meistens borfuß).Bull wird sie an diesen KlippenTiefer ins Schlamassel stippen.

*

Biedrer Bull; ihm selber geht’sFlau in den United States.Meerfreiheit ist für die Katze,Und der Yankee kriegt die Platze.

Business, wo nicht verhindert,Wird doch ekelhaft gemindert.Andrerseits das Deutsche ReichZeigt sich nachsichtsvoll und weich.

Nicht zerschnitten ist das das Tuch(Bernstorff handelte da kluuch).Bleibt es ferner unzerschnitten,Kauft der Yankee sich den Briten.

*

Sonst? Im Landtag zeigte LentzeEine Steuerzuschlagsgrenze,Die ihm, ohne vieles Markten,Patrioten kaum verargten.

Geldnot darf das Reich nicht schwächen.Bleibe, Mensch, auf sichrer Bahn –Mußt du auch noch manchmal blechen,„Wie du es so oft getan“.

Gottlieb .

(Der Tag, Ill. Teil, Ausgabe ANr. 15, 19.I.1916)

Montenegro

1.

Von vorn und hinten ohne Deckung,Gelobt Nikita Waffenstreckung;Das ist der erste Friedensschluß –Sieh da, sieh da, Timotheus!

Wer stillt zuerst sein inn’res SehnenUnd läßt von kriegerischen Plänen?Die Kleenen! Die Kleenen!Das Richtige verkündigenDie Kinder und Unmündigen.

Nikita! in der SchreiberzunftZeiht niemand dich der Unvernunft.Vielleicht verdirbt im Trust der BritenDein gutes Beispiel böse Sitten.Als Erster zogst du diese Bahn –Drum sei bedankt, mein lieber Schwan!

2.

Grimmig grollt auf seinem ThronDer verehrte Schwiegersohn.Die Angtangte brütet bleiernAuf den selbstgelegten Eiern.

Über Nacht, paß man acht,Hat es mancher nachgemacht.Mancher wird nach straffem WeckenKünftighin die Waffen strecken.Denn das war nur ein Prolooch –Jeder sequens lebe hoch!

Gottlieb

(Der Tag, Ill. Teil, Ausgabe ANr. 18. 22.I.1916)

D’Annunzios vierte Ode

I.

Dichto triste sul sophaUna immortale stropha …Oh Giulietta! oh Roméo!Montenegro è antzweeo!!Cettinje sulla canonaCon alle inwohna.Oh Dante! fritto misto! Ravenna?„Futschicato“ – sogte jenna.Italiani brummo condolenzeCon xencti svenze.

II.

Splendido Lovcen, con bella vista!Do haste la kista.Io flenno solo –Salandra quaccia kohlo.Barzilai a Milano?Questo feelte mi aa no.Oh Shirting! Oh Alpacca!Sonnino olla knacka!Aaah backa!!! aaaan backa!!!

Gottlieb

(Der Tag, Ill. Teil, Ausg. ANr. 23, 28.I.1916)

Lloyd-George

I.

Er malt in fetter GründerprosaDie Zukunft Englands gold und rosa …Es liegt ihm mächtig in den Knochen,Hat einen dicken Strahl gesprochen;Er phantasiert recht regeVom Industrie-Gehege –Mensch, mach’ es man hallwege.

Er redt von goldnen Saaten,Maschinen-Automaten.Voll werden Speicher sein,Und zehnfach wird es reicher sein;Stolz stelzt es wie ein Kranich.Ich glaube das nu janich.

Wenn erst das letzte Ende kam,Enthüllt sich ein Erlebnis:Von seinem halben HandelskramSieht England das Begräbnis;Der Yankee spricht dem TrauerhausHernach sein „wärmstes Beinkleid“ aus.

II.

Und was er sonst von Ethik sprach,Das war danach; das war danach …Dem Schutz der Schwachen dient der Brite?(„Er geht vielleicht mit frechem SchritteJetzt eben durch der Griechen Mitte.“)

Peter

(Der Tag, Ill. Teil, Ausg. ANr. 33, 9.II.1916)

Salandra-Dämmerung

Durch Italien fegt SalandraWie Ahasverus, der Wandra.Geisterhaft jagt ihn der SpleenBis Turin.

Fest steht (was er auch verfocht,Sei es hier, sei es docht),Daß er, wie die Mitwelt findet,Einen üblen Eindruck schindet.

Er betont mit gutem Grund,Daß die Zeit ihn mißverstund.Lehmankolisch bis zum GerbenSäuselt er von „einstigen Erben“.

Jammervoll und doll in Moll,Hat der Mann die Hucke voll;

Flennt wie ein beschmorter Schuster,Und bald macht er Zappen duster.

*

Auf der Apenninen-InselHöhnt die Presse sein Gewinsel;Und man wirft ihn zu den Toten –Er benahm sich ganz verboten.

So viel klobige Kläglichkeit –Ist es denn die Möglichkeit?Schrubbert seine schäbigen ResteAuf den Kehricht! Aber feste.

Gottlieb

(Der Tag, Ill. Teil, Ausg. A.Nr. 48, 26.II.1916)

Die Niederlage (D’Annunzios fünfte Ode)

Oh miseria – oh Durazzo!Io platzo!Vittoria impossibile,Machma longhi stiebele.O triste, triste cosa,Essad vollo la hosa,Nostro caro amico –Nu kieko! nu kieko!Strambacho herjotto!Anbrannto il risotto.

II.

Oh cara adriatica riva,Che senga colossiva.Durazzo, buona notte.Lotte! Lotte!In desperazioneE in furoreLa consolationeE il liquore.Date mi aquavitaUn janzo lita – un janzo lita!!

Gottlieb

(Der Tag, Ill. Teil, Ausg. ANr. 60, 11.III.1916)

Portugal

Portugal, dein würdiges WappenIst fortan ein Jammerlappen.Mit dem Lappen, der als FahneDunkel weht vom dunklen Giebel,Putzest du, der Untertane,Deinem Briten-Herrn den Stiebel.

Krumm mit Schnaufen und mit RöchelnRackerst du an seinen Knöcheln.Klemmst auch, edles Menschheitsglied,Tust wozu er dich beschied,Mutig, wenn es keiner sieht,Ein Gelegenheitsbenutzer –Stiefelputzer! Stiefelputzer!

Gottlieb

(Zum Vergleich das spätere „Rumänenlied“ nach dessen Kriegserklärung F.)

(Der Tag, Ill. Teil, Ausg. ANo 71, 24.III.1916)

Rumänien

Schüttelreim

Bukarest, du helle Stadt –Die für uns zur Stelle hatHunderttausend Wagen Mais,Wofür Dank der Magen weiß.

Hülsenfrüchte, Weizen, Gerste –Damit auch nicht geizen werste.

Das Abkommen

In des Krieges Chaos schienenWenige Völker zu verdienen.Doch gehörte zu den wenigenSchon seit Anbeginn Rumänien.

Diesem sagte sein Verstand:„Bella alii gerant!Weise ist’s bei SturmesböenSeine Einkunft zu erhöhen.

Laß die Briten, Russen, FranzenUnd verbessre die Bilanzen.Ob der wilde Mars auch kläfft,Bleibt ja doch Geschäft – Geschäft.“

*

Klug und firm in seinem Fach,Schloß es darum den Vertrach.Uns erwächst ein wundersamerZuwachs für die Speisekammer.

Gottlieb

(Der Tag, Ill. Teil, Ausg. A,N. 76, 30.III.1916)

Pariser Konferenz

Geselligkeit in schweren Zeiten.Wenn gute Reden sie begleiten,

Dann fließt die Arbeit munter fort.Die dunkelste der dunklen PleitenVerherrlicht das gesprochene Wort.

Zieht der Krieg sich in die Länge,Feiert man ihn durch Empfänge.Jeder Trinkspruch wird ein Trost –Prost!

Gottlieb

(Zum Vergleich mit dem „Rumänenlied“, das nach der rumänischen Kriegs-erklärung geschrieben ist. F. )

(Der Tag, Ill.Teil,Ausg. A, Nr. 87, 12.IV.16)

Bukarest

Gerste gab man uns nach Wunsch.Der gesamte VierverbandZieht entrüstet einen FlunschWider das Rumänenland.

Rußland möchte ihm vor allenMal eins an die Gondel knallen.Doch schon sieht es unbedingt,Daß ihm solches mißgelingt.

Auch Rumäniens DeutschenfeindeSchmolzen haarig als Gemeinde:Filipeskus Stern erloschen –Und er selbst beinah verdroschen.

Gottlieb.

(Der Tag, Ill. Teil, Ausg. ANr. 121, 24.V.1916)

Briand

Nächtlich bei GespensterfackelnSieht man Briands Bildnis wackeln.Auf ihn fällt ein düstrer StrahlUnd die Lippen zucken fahl.

„Nächstens ziehst du Leine-los!“Rauht der Kehlkopf Clemenceaus.„Erst noch kriegst du eine volleTracht – dann grüße deine Olle.

Hilft kein Winseln, kein Gewimmer„Lebe wohl … und sei’s für immer!“Krächzend quorxt er wie ein Rabe:„Hirtenknabe! Hirtenknabe!!“

Gottlieb