83.4 Konzept als Vorschlag für die Antwort an das Hamburger Fremdenblatt

Schreiberhände:

  • Frieda Wacha, schwarze Tinte

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Überarbeitungen
Datum: 4. Juni 1927
Seite von 1

Konzept, zur eventuellen beliebigen Benützung, (falls es juristisch haltbar) als Vorschlag für die Antwort an das „Hamburger Fremdenblatt

Ihr w. Schreiben vom 4. Juni beantworte ich mit der Erklärung,daß die Frage, ob der Redaktion Fahrlässigkeit nachzuweisen ist, dergerichtlichen Entscheidung unterliegt und nicht der Ansicht der Herrenvom Schutzverband der Deutschen Schriftsteller. Meines Erachtens liegtFahrlässigkeit nur dann nicht vor, wenn die Redaktion nachweisen könnte,daß sie von der Existenz des Werkes „Der Biberpelz“ von Karl Kraus (das im „Simplizissimus“, in der „Fackel“ u. in einem Werk mit etlichenAuflagen erschienen ist und wiederholt vorgelesen wurde) nicht gewußthaben kann. Daß sie von der Existenz einer Arbeit, deren Plagiat sieabdruckt, nicht gewußt haben muß, macht sie nicht straflos, weil essich beim gegenständlichen Delikt, soweit die Schuld der Redaktion inFrage kommt, nicht um dolus, sondern um culpa handelt und eine solche(Fahrlässigkeit), die eben nach dem Gesetz strafbar ist, dann überhauptnie gegeben wäre. Denn schließlich könnte ja eine Redaktion, die einPlagiat an einem noch weit bekannteren Werke bringt, sich sonst gleich-falls damit exkulpieren, daß ihr dieses Werk nicht bekannt war. Abernicht dies hat sie zu erweisen, sondern daß es ihr durch irgendwelcheUmstände nicht bekannt sein konnte, z.B. wenn ein Manuskript gestohlenwurde. Da ja kein Zwang besteht, literarische Beiträge zu veröffent-lichen, so ist es eben ein Berufsrisiko, solche anzunehmen, und dieRedaktion, die gewiß nicht verpflichtet ist, alle Originale, derenPlagiate sie druckt, zu kennen, muß wenigstens den Mann kennen und sichgenauer ansehen, den sie für würdig halt, von ihr gedruckt zu werden.Was die Höhe des angesprochenen Ersatzes betrifft, so verweise ichdarauf, daß die Schädigung keineswegs ausschließlich in der Aneignungdes fremden Wertgegenstandes besteht – vielleicht hätte sogar der Autoreinem literarischen Bettler ihn als Almosen geschenkt, wenn dieser sichihn wie er beschaffen ist und unangetastet hätte aneignen wollen –;