88.16 Beschwerde gegen den Zahlungsauftrag vom 22. Juli 1927

Materialitätstyp:

  • Durchschlag
Datum: 25. Juli 1927
Seite von 2

G.Z. U I 247/27

An dasStrafbezirksgericht I Wien.

Privatankläger: Karl Kraus, Schriftsteller undHerausgeber der „Fackel“ in WienIII., Hintere Zollamtsstrasse Nr. 3 durch:

Beschuldigter: Bruno Holfeld, verantwortlicherRedakteur der „Arbeiter-Zeitung“ in WienV., Rechte Wienzeile Nr. 97

wegen § 24 Pressgesetz eventuell § 45 Absatz 4 Urh.Ges.

1 fach

Beschwerde gegen den Zahlungsauftrag vom 22. Juli 1927G.Z. U I 247/27

Mit Beschluss vom 22. Juli 1927G.Z. U I 247/27/4 wurde wegen Klagsrückziehung des Privatan-klägers das Verfahren gemäss § 46 St.P.O. eingestellt undausgesprochen, dass die Kosten des Strafverfahrens der Privat-ankläger gemäss § 390 St.P.O. zu tragen hat. In Verfolg diesesBeschlusses wurde mir zu Handen meines ausgewiesenen Anwaltes ein Auftrag zur Zahlung der Kosten des Strafverfahrens in derHöhe von S 10.–– am 25. Juli 1927 zugestellt. Diese Kosten be-treffen, obwohl dies in dem Beschluss nicht ausdrücklich fest-gestellt wurde, den Pauschalkostenbeitrag gemäss § 381 St.P.O. Die Vorschreibung des Pauschalkostenbeitrages erfolgte aber zuUnrecht. Nach Artikel II des Bundesgesetzes vom 8./7.1925, be-treffend die Kosten des Strafverfahrens, B.G.Bl. 233 Absatz 2,ist in Uebertretungsfällen kein Pauschalkostenbeitrag zu ent-richten, wenn keine Hauptverhandlung stattgefunden hat undauch keine Zeugen oder Sachverständigengebühren erwachsen sind.Die auf den 19./7.1927 anberaumte Hauptverhandlung konnte nichtdurchgeführt werden, weil die Ladung an den Beschuldigten nichtausgewiesen war. Es hat also in dieser Sache keine Hauptverhand-lung stattgefunden, da die Anberaumung der Hauptverhandlung unddie sofortige Vertagung wegen Nichtladung des Beschuldigten keinStattfinden der Hauptverhandlung darstellt. Die Vorschreibung desPauschalkostenbeitrages erfolgte daher zu Unrecht.

Ich stelle durch meinen bereits aus-gewiesenen Anwalt denBeschwerdeantrag:das Landesgericht für Strafsachen möge den Zahlungsauftrag desStrafbezirksgerichtes I in Wien vom 22. Juli 1927 G.Z. U I 247/27als ungesetzlich aufheben.

Karl Kraus. /

Arbeiter-Zeitung IIIexp. am 25. Juli 1927.