99.9 Brief RA Max Hirschberg an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Dr. MAX HIRSCHBERG
KAUFINGERSTRASSE 30
MÜNCHEN, C 7
Datum: 20. April 1928
Diktiersigle: 2/H

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt Dr. Oskar Samek
Schottenring 14
Wien I.
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Ich war bei einer grösseren Schwurgerichtsverteidigungin Neuburg a.D. und kann daher erst heute Ihre geehrtenSchreiben vom 12. und 16. April 1928 beantworten.

1.) Die Klage gegen den Fränkischen Kurier werdeich sofort einreichen, sobald ich die bereits bestelltenOriginalnummern des betreffenden Blattes erhalten habe.Aus dem mir vorliegenden Ausschnitt kann der Name desverantwortlichen Redakteurs nicht festgestellt werden.

2.) Die mir freundlichst übermittelte Kritik vonHerbert Ihering im Berliner Börsen-Kurier werde ich imProzess verwerten.

3.) Die mir übersandten 6 Exemplare des Traumstücks habe ich erhalten. Ich habe ein Exemplar dem Gericht vorgelegt.

4.) Unsere Auskunft, daß von einer Klage gegen dieVereinigten vaterländischen Verbände abzuraten ist, gilt auchfür die Zeitungen, welche diesen Aufruf abgedruckt haben.

Es empfiehlt sich, nur diejenigen Klagen zu stellen,bei denen die Einwendungen der Gegenpartei nach derherrschenden Praxis nicht von vornherein die Gefahreiner Klageabweisung mit sich bringen. In diesem Fallewürde die Gefahr bestehen, daß nicht nur dem Verfasser,sondern auch dem verantwortlichen Redakteur der § 193 (Wahrnehmung berechtigter Interessen) zugebilligt würde,da ja der Abdruck nur von solchen Zeitungen betätigtwurde, deren Redakteur mit den Vaterländischen Verbänden persönlich nahestehen dürfte. Es ist daher hier mit sehrbilligen und unter Umständen erfolgreichen Einwendungenzu rechnen. Im Gegensatz zu dieser Einsendung liegenja bei den Artikeln des Völkischen Beobachters und desFränkischen Kuriers reine Verbalinjurieen vor, bei denendas Gericht den § 193 einfach nicht zubilligen kann, ohnegegen das Gesetz zu verstossen.

5.) In der Klagesache gegen den VölkischenBeobachter halte ich es für zweckmässig, die Tendenz desTraumstücks durch Hinweis auf das grössere Werk, „Die letztenTage der Menschheit“ noch unwiderleglicher zu erläutern.Ich habe zu diesem Zwecke das letztere Werk nocheinmaldurchgelesen und mir die Szenen angemerkt, aus denendie Gesamttendenz der Arbeit des Herrn Mandanten ganzunwiderleglich hervorgeht. Da ich selbst nur ein Exemplarbesitze, wäre ich verbunden, wenn ich gelegentlich noch einoder zwei Exemplare des letzteren Buches bekommen könnte, umdie Vorlage bei Gericht zu betätigen.

Mit vorzügl. koll. HochachtungHirschberg Rechtsanwalt.

KrausVölkischerBeobachter 21. Apr. 1928