99.12 Brief RA Max Hirschberg an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Überarbeitungen

Schreiberhände:

  • Max Hirschberg, schwarze Tinte

Sender

Dr. MAX HIRSCHBERG
KAUFINGERSTRASSE 30
MÜNCHEN, C 7
Datum: 28. April 1928
Betreff: Kraus / | Fränk. Kurier
Diktiersigle: 2 F

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt Dr. Oskar Samek
Schottenring 14
Wien I.
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

In der Sache gegen Völkischen Beobachter istdas Bedenken, dass das Gericht aus den „Letzten Tagender Menschheit“ einseitige Schlüsse ziehen könnte,meines Erachtens nicht begründet. Ich habe mir dieseFrage reiflich überlegt und hatte mich dahin entschieden,dem Gericht bei der Vorlage diejenigen Stellen zu be-zeichnen, auf die Bezug genommen wird. Wenn Herr Kraus aber Bedenken hat, so besteht ja gewiss kein Einwanddagegen, mit der Vorlage bei Gericht zunächst einmalzuzuwarten, bis die Entscheidung über die Eröffnung desHauptverfahrens vorliegt. In der Hauptverhandlung würdeich unbedingt auf das frühere Werk Bezug nehmen, da jedeMissdeutung gerade dadurch ausgeschlossen wird.

Die Klage gegen den Fränkischen Kurier habe icheingereicht. In der betreffenden Nummer ist der von mirverklagte Oskar Franz Schardt als Verantwortlicher fürden unterhaltenden Teil, Kunst und Wissenschaft bezeichnet.In dieser Abteilung des Blattes ist der inkriminierte

Artikel enthalten, und es ist ja auch anzunehmen,dass der Fränkische Kurier diesen Artikel für „unterhaltend“oder für Kunst und Wissenschaft hält. Um aber ganzsicher zu gehen, für den Fall, dass nach Ablauf derdreimonatlichen Strafantragsfrist (5. Juni 1928)der Einwand gebracht werden könnte, für diesen Artikelsei ein anderer der Verantwortliche n r zuständig, empfehleich, gegen den Hauptschriftleiter Wilhelm Thoms unddie Verantwortlichen für deutsche Politik, bayerischePolitik und den vermischten Teil vorsorglich Straf-antrag einzureichen. Dieser Strafantrag wird derGegenpartei nicht mitgeteilt, sondern bleibt beimGericht liegen, bis eine etwaige Privatklage nachfolgt.Es wäre dies eine Vorsichtsmassregel, die natürlichkeine Kosten verursacht. Für den Fall, dass Sie undHerr Kraus damit einverstanden sind, bitte ich, dieanliegende Vollmacht unterzeichnet an mich zurückge-langen zu lassen.

Im übrigen werden nunmehr die Einwendungen derGegenpartei und die Eröffnung des Hauptverfahrensabzuwarten sein.

Hochachtungsvollergebener KollegeHirschberg Rechtsanwalt.

1 Anl.

KrausFränkischer Kurier 30. APR. 1928