103.23 Brief RA Philipp Loewenfeld an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript

Sender

Dr. PHILIPP LOEWENFELD
Kaufingerstraße 30
München 2 C
Datum: 23. August 1928
Diktiersigle: L F

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt Dr. Oskar Samek
Schottenring 14
Wien I
Seite von 4

Sehr geehrter Herr Kollege!

In Sachen Karl Kraus gegen Schardt undHohenstatter übersende ich Ihnen als Anlage:

1. Abschrift des Urteils des Amtsgerichts Nürnbergvom 2.8.28

2. Abschrift der Privatklage gegen Hohenstatter.Ich bemerke zunächst zu Ihrem gefl. Schreiben vom 8.8.28:

Sie haben darin ganz recht, dass der Berichtdes Herrn Justizrats Dr. Süssheim dürftig ist. WerDr. Süssheim aber kennt (und bei mir ist das sehr genauder Fall), der weiss, dass dies nicht auf einem Mangelan Interesse für die Sache beruht, sondern nur darauf,dass zu einem derartigen an Rechtsverweigerung grenzendenUrteil eigentlich wirklich nichts zu sagen ist. Man kannnur versuchen, das in der ersten Instanz Herrn Kraus getane Unrecht durch Rechtsmitteleinlegung zu beseitigen.Ich rate dazu unbedingt, weil ich mir nicht denken kann,dass letztinstanziell dieses Urteil bestehen bleibenwürde. Die Berufung geht, wie ich auf Ihre Anfrage vom20.8.28 bemerke, an die Strafkammer Nürnberg. Es würdedaher wiederum die Situation so sein, dass ein NürnbergerKollege für die Berufungsverhandlung gewählt werden

müsste, als welchen ich, trotz des dürftigen Berichts,wiederholt Dr. Süssheim empfehlen muss.

Der Prozess gegen den Schreiber des Artikels,kann nach der Strafprozessordnung hier geführt werden,und ich habe deshalb die Klage auch hier eingereicht.Es scheint mir schon wegen des Münchener Prozessesnotwendig zu sein, den Nürnberger Prozess weiterzuführen.Denn wenn die Berufung gegen das Nürnberger Urteil nicht durchgeführt wird, würde daraus ein Eingeständ-nis gefolgert werden können, dass die Ausführungen die-ses Urteils tatsächlich oder rechtlich zutreffend wären.Dies würde aber naturgemäss die Prozessführung auchin dem Münchener Prozess sehr erschweren, wenn nichtunmöglich machen.

Ihre Frage wegen der Kosten beantworte ichdahin: In der ersten Instanz sind in dem NürnbergerProzess an Gerichtskosten 17 M., an Honorar für Dr.Süssheim 101 M. und an Vorverfahrensgebühr für uns20 Mm zusammen also 138 M. auf der Seite der Privat-klage entstanden. Beim Gegner sind 20 M. Vorverfahrens-gebühr, 40 M. Verhandlungsgebühr, 10 M. Beweisgebührund 2 M. Vollmachtsstempel, zusammen 72 M. entstanden.Die Kostenrechnung des Herrn Justizrat Dr. Süssheim,um deren Begleichung er uns ersucht hat, setzt sichaus 40 M. Hauptverhandlungsgebühr, 10 M. Beweisgebühr,50 M. Sonderhonorar, 1 M. Umsatzsteuer u. Porti zusammenund geht in Ordnung. An Vorschuss auf diese Kosten-rechnung sind 60 M. bezahlt, sodass ein noch zu erledigen-

der Rest von 41 M. verbleibt.

Herr Justizrat Süssheim hat zugleich für diezweite Instanz für den Fall seiner Mandierung um einenKostenvorschuss von 60 M. ersucht. Ich bitte, die Zahlungder erstinstanziellen Kosten und, wenn Herr Kraus mit meinen Ausführungen einverstanden ist, des Vor-schusses unmittelbar an den Herrn Justizrat Dr. Süssheim zu Nürnberg, Adlerstr. 35 veranlassen zu wollen.

In vorzüglicher kollegialer HochachtungLoewenfeld Rechtsanwalt.

Anlagen

KrausFränkischer Kurier 25. AUG. 1928