112.16 Brief Verlag Die Fackel an RA Botho Laserstein

Materialitätstyp:

  • Durchschlag
  • Kopie

Sender

Hintere Zollamtsstraße
III., Landstraße
Datum: 9. Februar 1929

Empfänger

An: Herrn Dr. Botho Laserstein
Landsberger Allee 55
Berlin N O 18
Seite von 2

Hochgeehrter Herr Doktor!

Wir ersuchen, den Text der Erklärung für das Gericht (einst-weilige Verfügung) mit dem Vorschlag der einen Änderung gf. Dr. Samek zuzusenden, und erbitten an unsere Adresse die frdl. zugesagte Ab-schrift der Stelle aus dem Newyorker Blatt.

Das in Abschrift beiliegende Antikriegsgedicht des Kerr (ein „Spottlied, ‚Krieg‘ betitelt“) ließe sich vielleicht für einender Gerichtszwecke verwenden. Es ist unseres Erinnerns am 27.I. in derAbendausgabe des Berliner Tageblatts erschienen.

Zu dem Schriftsatz des Herrn Landsberg, für den wir Ihnenbestens danken, senden wir Ihnen mit der gleichen Post 2 Exemplaredes Heftes der Fackel Nr. 743–750, Dezember 1926, welches auf S. 48ff.den Aufsatz „Das Unmögliche“ enthält. Sie werden daraus ersehen, daßdem Verfasser damals der Name jenes Gastgebers („der in bescheidenerNamenlosigkeit hinter seinem Werk zurücktritt“) unbekannt war. DaßHerr Theodor Wolff selbst der Veranstalter des Gastmahls und somit derStifter der nunmehr auch persönlichen Versöhnung der Herren Reinhardt und Kerr war, ist eine überaus dankenswerte Enthüllung, die er durchseinen Anwalt vornehmen läßt. Die Ableugnung der Tendenz diesesArrangements, die Reduzierung des Falls auf den gesellschaftlichenZufall ist der Versuch einer Blödmacherei, die wohl schon übertriebenoder verzweifelt genannt werden muß. Durch das Geständnis des HerrnWolff betreffend die Tatsache des Gastmahls und das publizistischeEcho, das sie gefunden hat, dürfte wohl die Absicht, die dem behaupte-ten Pakt zugrundeliegt, einwandfrei festgestellt sein. Die Idiotie,daß der Kerr etwa nicht gewußt haben werde, wen er an Wolffs Tischetreffen wird, dürfte auch dem dümmsten Leser des Herrn Kerr nicht zu-zutrauen sein. Daß Herr Wolff den Wunsch hatte, den Kerr im PunkteReinhardt völlig kirre zu machen, daran wird nach dem Faktum dieserTischvereinigung nicht mehr gezweifelt werden. Herr Wolff verfolgtsichtlich den Zweck, durch den Umstand, daß das Versöhnungsessenlange Zeit“ nach dem Eintritt des Kerr ins Berliner Tageblatt statt-gefunden hat, den Beweis zu führen, daß die Pazifizierung des Kerr in der Sache Reinhardt keine Bedingung des Eintritts war. Eher istaber dadurch bewiesen, daß der Kerr publizistisch bereits versöhntwar und daß nur noch die Besiegelung durch persönlichen Verkehr er-folgen mußte. Wäre der Kerr nach dem Eintritt ins Tageblatt GegnerReinhardts geblieben, so hätte er dem offenbaren Plan, ihn mit Rein-hardt persönlich zusammenzuführen, widerstreben müssen. (Das persön-liche Zusammentreffen bildet doch den denkbar stärksten Kontrast zuder in Berlin behaupteten Ausweisung des Kerr aus dem Deutschen Thea-ter.) Wir glauben, daß dieser Gesichtspunkt für die Antwort wichtigwäre. In Verbindung mit dem Geständnis des Wolff, das nur als einPrävenirespielen erklärt werden kann, bietet der Aufsatz „Das Unmög-liche“ ein unschätzbares Dokument. Wenn Sie es für nötig halten, daßdem Gericht nicht nur das Heft der Fackel mit dem wörtlichen Abdruckdes Telegramms im Neuen Wiener Journal vom 15. Oktober 1926, sondern

auch die Nummer dieses Blattes, vermutlich die vom 16., vorgelegtwird, so erbitten wir Ihre frdl. Mitteilung.

Mit den besten Empfehlungen des Herrn K. zeichnen wirin vorzüglichster Hochachtung

NB. Die „Prager Presse“ hat ein Berliner Bekannter zu beschaffenund Herrn Fischer zu senden versprochen.