112.26 Brief RA Botho Laserstein an Kraus

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Überarbeitungen

Schreiberhände:

  • Karl Kraus, schwarze Tinte

Sender

Dr. jur. Botho Laserstein
LANDSBERGER ALLEE 55
BERLIN N O 18
Datum: 5. November 1929

Empfänger

An: Herrn | Karl Kraus
Hintere Zollamtsstr. 3
Wien III
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kraus,

aus meinem heutigen Telegramm haben Sie wohldas höchst unglückliche Urteil erfahren. Die Weltmuß eben immer, wenn Sie mit ihr zusammenstossen,ihre Dummheit beweisen.

In der Anlage erhalten Sie die heute abgegan-gene Berufungsschrift abschriftlich übersandt.

Nürnberg wird hoffentlich recht bald in denBesitz der Moissi-Dokumente gelangen.

Inzwischen hat sich die Lage ausserordentlichzu unserem Gunsten verbessert. Es hat sich beimir gemeldet und als Zeuge angeboten der – Vor-gänger Alfred Kerr’s beim Berliner Tageblatt. Erwird bekunden, daß er stets von der Redaktion ge-zwungen worden ist, Reinhardt günstig zu besprechen.Das ist natürlich ein entscheidendes Indiz. DieseTatsache darf aber keinesfalls bekannt werden. Siedarf ebensowenig wie der Name des Kritikers genannt

werden, da sonst gegen diesen von Mosse Klage er-hoben und er als Zeuge ausgeschaltet, mithinunsere Berufung gefährdet wird. Ich bitte, mirunbedingt darin zu folgen. Der Brief ist dereines Menschen, der aus dem Schlamm der Journailleentflohen ist und das bekunden will, „was zuverschweigen nur gewissenlose Feigheit wäre“.

Von der Strafanzeige gegen die VossischeZeitung rate ich ab. Ich bitte hierüber einmalmit Herrn Rechtsanwalt Dr. Samek zu sprechen. DieBe sprech richti gung ist an der richtigen Stelle nämlichim Gerichtsteil erschienen. Lediglich wegen desDruckes würde ich keine Anzeige machen.

Mit den besten Grüßenergebenst IhrDr. Laserstein Rechtsanwalt.