134.53 Brief Samek an Kraus

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 30. März 1931
Betreff: Kraus – Dr. Pisk.
Diktiersigle: Dr.S/Fa.

Empfänger

An: Herrn | Karl Kraus
Hotel Hermes. Schiffbauerdamm
Berlin
Seite von 2

Sehr verehrter Herr Kraus!

In der Anlage übersende ich Ihnen eineNotiz aus der Wiener allgemeinen Zeitung, die Sie vielleichtschon gelesen haben, aus dem Grund, um Sie über das Unrichtigedes Sachverhaltes zu orientieren. Bezüglich des Tatbestandesist wieder die alte falsche Behauptung aufgestellt worden, diewir schon längst berichtigt haben. Was Sie am meisten interes-sieren wird, ist der letzte Absatz. Es ist vollständig unrichtig,dass der Vorsitzende ausgesprochen hat, es sei die Umwandlungder an sich verwirkten Arreststrafe in eine Geldstrafe mit Unrechtverfügt worden, weil in solchen Fällen, wenn ein Wahrheitsbeweisangeboten wird, jedoch misslingt, unbedingt eine ArreststrafePlatz zu greifen hätte und lediglich, weil Dr. Pisk keine Berufungwegen zu geringer Strafe eingebracht hatte, das Gericht genötigtgewesen sei, von einer Neufestsetzung der Strafe Abstand zunehmen.

Die bezüglich der Strafe vom Vorsitzenden gemachten Ausführungen gingen vielmehr dahin, dass die Strafedem Verschulden angemessen war, weil auf Beleidigungen solcherArt im Gesetz eine Mindeststrafe von 8 Tagen erst Arrest vorgesehen sei,und bei den Vermögensverhältnissen des Beschuldigten für dieseachttägige Arreststrafe eine Geldstrafe in der Höhe von S 500.–

angemessen erscheine. Infolgedessen sei der Strafberufung keineFolge gegeben worden. Ich habe die Strafberufung überhaupt inder mündlichen Verhandlung nicht mehr angeführt, da ich lediglichauf Freispruch wegen des erbrachten Wahrheitsbeweises plädierte.

Ich zeichne mit dem Ausdrucke der Verehrung

1 Beilage.

Betr. Kraus – Dr. Pisk exp. 30.3.1931.