136.21 Schriftsatz in Sachen Die Fackel ./. Die Volksbühne (RA Botho Laserstein an das Landgericht I. Berlin, G.Z. 38.0.549/29)

Materialitätstyp:

  • Durchschlag
Datum: 10. Oktober 1930
Seite von 3

Dr. Botho Laserstein Rechtsanwalt.

Berlin, den 10. Oktober 1930.

An dasLandgericht I Berlin

In SachenKraus gegen Volksbühne

wird noch kurz zur Beweisaufnahme wie folgtStellung genommen:

1.) der Vertrag (zunächst als Matinee)spricht allein dafür, dass noch Abendvor-stellungen vereinbart waren. Er bedarfalso keiner Auslegung.

2.) die Aussagen der Zeugen Fischer undLvovsky bestätigen auch, dass dies derWille der Parteien war.

3.) Auch der Zeuge Martin musste zugeben,dass die Uebernahme in den Abendspiel-plan seine Absicht war. Unwahr ist, dasssie mangels Erfolges unterblieben ist. Esist unter Beweis gestellt, dass nur dasEingreifen der österreichischen Gesandschaftdies veranlasst hat. Auch das ist einBeweis für die ursprüngliche Vereinbarung.Den grossen Erfolg beweisen übrigens die

überreichten Pressekritiken. Nichts dagegen beweist dieTatsache, dass angeblich die erste Vorstellung nichtalle Ausgaben deckte. Eine Vorstellung kann einen teurenFundus niemals aufbringen. Gerade die grossen Aufwendungender Volksbühne beweisen aber, dass das Stück weiter imAbendspielplan aufgeführt werden sollte.

4.) Nicht durchgreifen kann, was Martin überseine Vollmacht sagt. Martin war, wie er zugibt, schonzur Zeit der mündlichen Verhandlungen als Direktor inAussicht genommen. Ein so wichtiger künstlerischer Po-sten bedarf der Vorbereitung; schon monatlang vorhermuss im Theater das Programm vorbereitet werden. Wasdabei abgemacht ist, ist selbstvorständlich Vertrags-bestandteil, wenn nachher der Vertrag geschlossen wird,zumal die umstrittene Frage später auch im schriftlichenVertrag Ihren Ausdruck gefunden hat.

5.) Im übrigen ist Martin’s Aussage aber mit Vorsicht zuwerten. Sie ist unwahr bezüglich des Erfolges und desEingreifen der österreichischen Gesandschaft. Dies istunter Beweis gestellt. Damit werden aber, die durch denWortlaut des Vertrages gedeckten Aussagen der ZeugenFischer u. Lvovsky entscheidend. Im übrigen kann Martin trotz seiner hervorragenden Stellung ebenso wenig wissen,was geheim zwischen der Gesandschaft und DirektorNeft abgemacht ist, wie ein Präsidialrat des Landgerichtsvon sich sagen kann, er müsste wissen, ob der Herr

Präsident mit dem Herrn Justizminister über die Justizreformgesprochen hat. Man kann daraus ermessen, was von derAussage des Angestellten der Beklagten Martin zu haltenist, er müsse über die geheimsten Vorgänge unterrichtetsein. Die übrigens dann ein so bedeutendes allwissendesPräsidialmitglied der Volksbühne seine Abmachungenmit Fischer als Vertreter des Klägers für unverbindlich er-klären kann, ist unverständlich und nur aus Martin’s Interesse am Ausgang des Rechtsstreits und Furcht vorden Folgen zu erklären.

gez. Dr. Laserstein Rechtsanwalt.