143.1 Brief Verlag Die Fackel an Frankfurter Künstlertheater

Materialitätstyp:

  • Durchschlag mit handschriftlichen Annotationen

Schreiberhände:

  • Frieda Wacha, Bleistift

Sender

Verlag Die Fackel
Hintere Zollamtsstraße
III., Landstraße
Datum: 26. März 1930

Empfänger

An: das | Frankfurter Künstlertheater für Rhein und Main G.m.b.H.
Schöne Aussicht 16
Frankfurt a/Main
Seite von 1

Kopie

26. März 1930.

Sehr geehrte Herren!

In Ihrem Programmheft Nr. 8 veröffentlichen Sieeinen Artikel „Theater in Berlin“ von S.N., in welchem derVerfasser die Erfolge der Volksbühne aufzählt und auchein Stück erwähnt, dessen Stoff, der jüngsten Vergangen-heit angehörend, für die Gegenwart voll aktueller Bezie-hungen sei, aber auch für sich betrachtet, genügend Reizeaufweise; es könne „nicht wundern“, heißt es, „daß dieVolksbühne mit diesem Drama einen fast sensationellen Er-folg davontrug“. Das so besprochene Drama ist aber „DieAffaire Dreifus“, nicht etwa „Die Unüberwindlichen“, diedie Volksbühne trotz dem fast sensationellen Erfolg, je-doch wegen der aktuellen Beziehungen nach der Erstauf-führung unterdrückt hat und die füglich auch in einerRückschau über die Erfolge der Volksbühne keinen Platzhaben können. Dagegen wird des Autors der „Unüberwindlichenin einem anderen Zusammenhang gedacht, indem es in demArtikel heißt: „Das Renaissance-Theater Gustav Hartungs be-mühte sich um eine Wiedererweckung von Offenbachs OperettePariser Leben‘, bearbeitet von Karl Kraus und damit in dieSphäre des Literarischen gerückt …“ In diesem Punkt istder Verfasser des Artikels weniger gut informiert als be-züglich der Volksbühne. Abgesehen davon, daß durch die Be-arbeitung von Karl KrausPariser Leben“ nicht so sehr insLiterarische wie ins Theatralische gerückt wird, aus dem esdie Verschandler entfernt haben, hat das Renaissance-Theater Gustav Hartungs, das sich um eine Wiedererweckung von Offen-bachs Operette „Pariser Leben“ bemühte, hiebei der Mitwirkungdes Herrn Karl Kraus entbehren müssen. Er hatte es im Gegen-teil seinerzeit abgelehnt, dem Renaissance-Theater seine Be-arbeitung zur Verfügung zu stellen, und ein Zusammenhang wärehöchstens darin zu erblick, daß die Veranstalter der Auf-führung einem Vortrag von „Pariser Leben“ durch Herrn KarlKraus beigewohnt, jedoch nur wenig davon profitiert haben.Wir fordern Sie auf, von diesem Sachverhalt in Ihrem nächstenHeft Notiz zu nehmen, also die Behauptung, daß im Renaissance-TheaterPariser Leben“ in der Bearbeitung von Karl Kraus aufgeführt wurde, zu berichtigen und uns ein Belegexemplareinzusenden. Sollten Sie dies unterlassen, so werden wirIhnen eine Berichtigung gemäß dem Preßgesetz zusenden.

Hochachtungsvoll