144.23 Brief Samek an Heinrich Fischer

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 27. Mai 1931
Betreff: Kraus – Altenberg Auswahl
Diktiersigle: Dr.S/Fa.

Empfänger

An: Herrn | Direktor Heinrich Fischer
Speyrstrasse 15/17
Berlin W
Seite von 4

Sehr geehrter Herr Direktor!

Da es sich um eine Angelegenheit des HerrnKraus handelt, wage ich es, Sie wieder einmal mit einer Bittezu belästigen. Wie Sie wissen, hat Herr Kraus für den VerlagS. Fischer eine Auswahl aus den Werken Peter Altenberg zusam-mengestellt, doch hat dann S. Fischer von der Herausgabe dieserAuswahl Abstand genommen. Herr Dr. Laserstein hat dann imJahre 1930 an S. Fischer eine Aufforderung unter Klagsandrohunggerichtet, mit der Herausgabe des Werkes sofort zu beginnen.Diesen Brief hat der Anwalt des Verlages S. Fischer, Dr.Richard Frankfurter, dahin beantwortet, dass es zu keinem Ab-schluss dieses Verlagsvertrages gekommen sei, dass überdies,selbst wenn ein Verlagsvertrag abgeschlossen wäre, S. Fischer angesichts der inzwischen abgelaufenen Zeit nicht verpflich-tet und nicht in der Lage sei, das Werk herauszubringen, dassaber S. Fischer, „um Herrn Kraus jedes Entgegenkommen zu be-weisen, bereit sei, für den Fall, dass er den Zeitpunkt derHerausgabe des Werkes ja für geeignet hält, ihm das Rechtzur Herausgabe in einem anderen Verlag freizugeben.

Es ist nun Herrn Kraus von Seiten des

Wiener Verlages Anton Schroll & Co. Gesellschaft m.b.H. dasAngebot gemacht worden, die Auswahl herauszugeben. EineVerständigung des S. Fischer Verlag es wäre nicht notwendiggewesen, wenn dies nicht die Erbin Peter Altenbergs, dieKinder Schutz- und Rettungsgesellschaft, der die Tantiemenzufliessen, verlangt hätte und zwar lediglich in der Form,dass sie von dem Verlag S. Fischer eine Bestätigung der Tat-sache erhält, dass die Herausgabe der Auswahl aus den WerkenPeter Altenberg Herrn Kraus freigegeben ist. Ich habe michnun am 9. März 1931 an den S. Fischer Verlag gewendet, dermir am 23. März 1931 antwortete, er ersuche, „um die ver-traglichen Grundlagen für die Herausgabe eines solchen Aus-wahlbandes in einem anderen Verlage festlegen zu können,ihm entweder das Manuskript des Bandes oder ein genaues Ver-zeichnis der einzelnen Beiträge einzusenden und den Verlag an-zugeben, in dem der Band erscheinen soll.“ Ich habe das Ver-zeichnis eingeschickt und den Verlag bekanntgegeben und er-hielt dann vom Anwalte des S. Fischer Verlages, Dr. RichardFrankfurter, auf meine Urgenz am 1. Mai 1931 einen Brief, indem mitgeteilt wurde, dass noch einige Feststellungen ge-troffen werden müssen. Ich erwiderte darauf, dass nach derklaren Abmachung des Vertrages keine Feststellungen mehrnotwendig seien und bat, nun endlich die Verständigung an dieKinder-Schutz- und Rettungsgesellschaft herausgehen zu lassen.Damit ist die Korrespondenz überhaupt abgebrochen, denn ichhöre weder vom S. Fischer Verlag noch von dessen Anwalt etwas.Der Schroll Verlag ist mit dem Druck der Auswahl fast fertigund könnte in kürzester Zeit das Werk erscheinen lassen.Nach der klaren Vereinbarung und da eine Zustimmung der

Kinderschutz- und Rettungsgesellschaft vorliegt, bestündeauch kein Hindernis. Doch erscheint es mir immerhin ratsam,die verlangte Erklärung des S. Fischer Verlag es an die Kinder-schutz- und Rettungsgesellschaft zu betreiben. Zu rütteln istnatürlich an dieser Vereinbarung nichts.

Da Sie nun, wie mir Herr Kraus seinerzeitmitteilte, freundschaftliche Beziehungen zum S. Fischer Verlag unterhalten, dürfte es Ihnen sehr leicht sein, mir in dieserSache zu helfen und die baldige Verständigung der Kinder-schutz- und Rettungsgesellschaft durchzusetzen. Wenn Sie alsodazu imstande sind, wäre ich Ihnen sowohl im eigenen Namenals auch im Namen des Herrn Kraus dafür sehr verbunden.

Da ich schon einmal dabei bin. Sie zu be-mühen, erlaube ich mir die Frage, ob Sie Herrn Hofrat Beck und den Leiter der Berliner Vermittlungsstelle wegen desFräuleins M. geschrieben haben und ob Ihre Intervention einenErfolg hatte. Sie müssen mir verzeihen, dass ich Sie in die-ser Sache immer wieder bedränge und ich bitte Sie, diesdamit zu entschuldigen, dass Fräulein Marienschek wirklichsehr nervös gemacht ist durch die Unsicherheit ihrer Zukunft.

Mit bestem Dank und herzlichen Grüssenbin ich Ihr

KrausAltenberg Auswahl27 5.31