144.24 Brief RA Gerhard und Richard Frankfurter an Samek

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Annotationen

Schreiberhände:

  • Oskar Samek, Bleistift

Sender

Richard Otto Frankfurter
Nikolsburger Platz 2
BERLIN
Datum: 2. Juni 1931
Diktiersigle: F/K.

Empfänger

An: Herrn | Rechtsanwalt Dr. Oskar Samek
Schottenring 14
Wien. I
Seite von 4

Sehr geehrter Herr Kollege!

In der Angelegenheit Kraus ./. Altenberg teileich Ihnen folgendes mit:

Die Berechnung der von Herrn Kraus in Aussichtgenommenen Abdrücke aus den verschiedenen Werken von Alten-berg hat ergeben, dass das Buch ca. 600 Seiten umfassen wür-de. Dies ist vom allgemeinen buchhändlerischen Standpunktaus nicht wünschenswert, da ein Auswahlband in dieser Stärkenicht dem üblichen entspricht und geht auch um etwa 200Seiten über das hinaus, was seinerzeit in Aussicht genommenwar. Speziell würde meine Mandantin gegen eine so umfassendeAuswahl auch deshalb Bedenken haben, weil danach der Absatzder einzelnen Werke gefährdet erscheint. Bei einem so um-fangreichen Auszug, von dem das Publikum doch naturgemässannimmt, dass das Beste und Interessanteste darin enthaltenist, würde ein Verkauf der einzelnen Werke kaum noch erfol-gen können. Meine Mandantin ist schon wegen des Andenkensvon Altenberg und wegen der materiellen Interessen seinerErbin verpflichtet, auch diesem Gesichtspunkt Rechnung zutragen.

Meine Mandantin ersucht also Herrn Kraus, die geplantenAuszüge zu überprüfen und soviel wegzulassen, dass insgesamtnicht über 400 Seiten herauskommt. Die Berechnung hat aufGrundlage der Kolumne des Buches „Mein Lebensabend“ stattge-funden. Die gekürzte Auswahl ersuche ich uns nochmals zu über-senden bezw. anzugeben, was aus den von Herrn Kraus zum Ab-druck vorgesehenen Teilen wegbleiben soll.

Die Bedingungen, unter denen meine Mandantin das Erscheinendes Buches gestatten will, sind folgende:

Mit dem vorgeschlagenen Verlag Schroll ist meine Mandantineinverstanden.

Das Buch darf nur in einem Band, also nicht mehrbändig, er-scheinen. Vorausgesetzt wird selbstverständlich eine würdigeAusstattung. Die Urheber- und Verlagsrechte für den Auswahl-band ist meine Mandantin bereit auf die Lebenszeit von HerrnKarl Kraus ihm zu überlassen, mindestens aber auf 10 Jahre,vom 1. Juli 1931 an gerechnet.

Die Voraussetzung für die Überlassung der vorerwähntenRechte ist an die Zustimmung der Kinderschutz- und Rettungsge-sellschaft in Wien als Erbin von Peter Altenberg gebunden (oderetwa sonst urheberrechts-berechtigter Personen). Nach dieserRichtung hin übernimmt meine Mandantin keinerlei Verantwortung.

Dies bezieht sich auf die von Herrn Kraus vorgesehenenWerke mit Ausnahme von „Bilderbögen des kleinen Lebens“. DiesesReiss Verlag Werk ist nicht bei meiner Mandantin erschienen. Wenn Auszügeaus ihm mit aufgenommen werden sollen, muss Herr Kraus sichbei dem Verleger dieses Buches darum bemühen. Meine Mandantin hat aber ihrerseits nichts dagegen, dass Auszüge aus den „Bil-

derbögen“ in dem Sammelbuch mit aufgenommen werden. In demBuch muss zum Ausdruck gebracht werden, dass der Auswahlbandmit Genehmigung der S. Fischer Verlag AG. erscheint. Bei Auf-zählung der Werke, aus denen die Auszüge entnommen werden, mussvermerkt sein, dass sie bei S. Fischer Verlag AG. erschienensind, natürlich mit Ausnahme der „Bilderbögen“,wo der ent-sprechende Verlag anzugeben wäre.

Meine Mandantin verzichtet auf den ihr zustehenden Ge-winnanteil aus dem Verlag des Auswahlbandes zugunsten derKinderschutz- und Rettungsgesellschaft, wozu sie sich ja schonim Jahre 1928 bereit erklärt hatte. Die Abrechnungen vonSchroll (also festes Honorar oder prozentuale Beteiligung)müssen meiner Mandantin halbjährlich mitgeteilt werden. EinÜbergang oder eine Übertragung des Verlagsrechtes an drittePersonen darf nur mit Zustimmung meiner Mandantin und derAltenbergschen Erben erfolgen. Meine Mandantin bemerkt, dasssie nach wie vor auf dem Standpunkt steht, dass der Zeitpunktfür die Herausgabe eines Sammelbuches zur Zeit ungeeignetist, da aber Ihr Herr Mandant anderer Ansicht zu sein scheint,so will meine Mandantin sein Vorhaben im Interesse des Werkes nicht stören.

Ich bitte um Bestätigung und Einverständniserklärung.Ich werde dann meine Mandantin veranlassen, die Kinderschutz-und Rettungsgesellschaft entsprechend zu benachrichtigen. Ichbitte ferner um Mitteilung, wann etwa der verkürzte Auszug zuerwarten sein wird.

Mit kolleg.Hochachtung!FrankfurterRechtsanwalt

3095 Seiten 2 [Steno][Steno] Projektarten [Steno] 3400Auswahl 650

Kraus Altenberg 5. JUNI 1931