145.8 Brief Samek an RA H.H. Bernstein

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 11. Juni 1930
Betreff: Kraus – Augsburger Stadttheater

Empfänger

An: Herrn | Dr. H.H. Bernstein | Rechtsanwalt
Briennerstrasse 8 A
München NW5
Seite von 2

Sehr geehrter Herr Kollege!

Ihr Schreiben vom 23. Mai 1930 kann ich erst heutebeantworten, weil Herr Kraus erst gestern von einer längerenReise in Deutschland zurückgekehrt ist. Mein Mandant erklärtsich mit dem Inhalt Ihres Schreibens vollständig einverstandenund bittet Sie also vorerst an das Stadttheater heranzutretenund die RM 100.– zu Gunsten der Kriegsblinden nebst den in IhrerKanzlei aufgelaufenen Kosten zu verlangen.

Was Ihre Frage betrifft, welchen Betrag das Stadtthea-ter Augsburg unter normalen Umständen hätte aufwenden müssen umdie Erlaubnis zur Aufführung der gebrachten Szenen zu erwerben,muss dahin beantwortet werden, dass Herr Kraus niemals eine Bewilli-gung zur Aufführung gegeben hätte an der ihm nicht die Möglich-keit der letzten Feile an der Regie vorbehalten geblieben wäre,dass er dann aber unter Umständen auch gar nichts oder einen ge-ringeren Betrag als RM 100.– verlangt hätte, woferne er die Auf-führung als seinen künstlerischen und ethischen Zielen entspre-chend angesehen hätte. Keinesfalls hätte er aber die Bewilligunggegeben, dass diese Szenen in der Umgebung zur Aufführung gelangen,wie es wirklich geschah.

Das Werk ist im Verlag der „Fackel“ erschienen,deren Alleininhaber Herr Kraus ist, so dass die Frage der Legi-timation nicht aufgerollt werden kann und es bleibt Ihrem Be-lieben überlassen, ob Sie namens des Verlags oder namens desHerr Kraus Klage einbringen wollen. Es handelt sich um einidentisches Rechtssubjekt.

In vorzüglicher Hochachtung Ihrergebener Kollege

KrausAugsburgerStadttheaterexp. 11/6.30