162.4 Zeugenvernehmung Karl Kraus

Schreiberhände:

  • Karl Kraus, schwarze Tinte
  • Karl Kraus, Bleistift
  • Oskar Samek, schwarze Tinte

Materialitätstyp:

  • Typoskript mit handschriftlichen Überarbeitungen
Datum: 9. Februar 1932
Seite von 2

Geschäftszahl 21 f Vr.am 9.II.1932.

Richter: OLGR. Dr. Schrott Schriftführer: Künzel

STRAFSACHE:gegen Herta Gropper wegen §§ 197, 199 a STG

Der Zeuge wird ermahnt, auf die an ihn zu richtenden Fragen nach sei-nem besten Wissen und Gewissen die reine Wahrheit anzugeben, nichts zu ver-schweigen und seine Aussage so abzulegen, daß er sie erforderlichenfallseidlich bekräftigen könne.

Er gibt über seine persönlichen Verhältnisse an:1. Vor- und Zuname: Karl Kraus 2. Alter: 1874 geboren3. Geburtsort: Gitschin 4. Glaubensbekenntnis: konfessionslos5. Familienstand: ledig6. Beschäftigung: Schriftsteller7. Wohnort: 4., Lothringerstrasse 6 Ladung an: 3. Hintere Zollamtstrasse Nr. 3 8. Verhältnis zu dem Beschuldigten oder zu anderen bei der Untersuchungbeteiligten Personen: fremd.

Ich lege dem Protokolle mein gegenständliches Manuskript bei,wie auch alle die sich darauf beziehenden Korrekturbogen, halte meineAnzeige B.Zl. 3 u. f. als Zeugenaussage aufrecht, bemerke hiezunoch folgendes:

Die Aussage der Zeugin Gropper ist in folgenden Punkten unrichtig:

Das Wort „Schlieferl“ kam in meinem Vortrage vornicht aber der Ausdruck „kümmerlicher Schönbergschüler“ auch habeich nicht zu Beginn des Vortrages herumgeblickt und dabei gesagt,

ob sich das Schlieferl wieder in den Saal verirrt hat.“ Ich habewohl bei meinem Vortrage Bewegungen gemacht und auch bei die Stelle:Aber sollte der Musikfachmann, der behauptet hat, dass ihm dieBezeichnung „Schlieferl“ gelte … mit einem Blick in denSaal begleitet. Ich habe nie im Saal herumblickend gefragt, ob das Schlieferl da ist. Auch ist es unwahr, dass manches in der Fackel nicht steht, was gesprochen worden ist. Wenn aber Gropper behauptet, die Stelle hättegelautet: ich weiss nicht ob sich das Schlieferl wieder in den Saalverirrt hat und dass sie diese Stelle mitstenografiert hätte, so ist dasun richtig wahr . Ich bin bereit, einen Eid abzulegen, dass ich dieseAuesserung in dieser Form nicht vorgebracht habe. D ie en Ausdr ü u ckekümmerliches Fachwissen“ habe ich gebraucht. Der Ausdruck „Schön-bergschüler“ (siehe Seite 79 des Heftes der Fackel) ist zeitlich getrenntvom ersten Ausdrucke gebracht worden und verweise ich diesbezüglichauf die Stelle auf Seite 79 des Heftes. Die Worte „Petite und Korre-petite“ habe ich gebraucht, ich verweise diesbezüglich auf dierot angestrichene Stelle auf Seite 18 des Heftes der Fackel, wo dieseWorte in einem anderen stilistischem Zusammenhange verwendet wordensind. Ich kenne die Beschuldigte gar nicht und bin ich nicht darüberinformiert, dass ob sie gut hört und ob sie gut stenografiert. Wenn siebehauptet, das stenografiert zu haben was sie gehört haben will,so hat sie die Unwahrheit gesagt. Ich habe damals nur dasjenigegesprochen was in dem Manuskripte drinnen steht und ich habe nichtfrei gesprochen. Ich habe b B eim Sprechen halte ich das Manuskript vor mir. gehalten. Ich habe Mein Blick ist nicht immer meinen Blick starr auf das Manus-kript gerichtet gehabt, sondern habe bei pflege bei meine m n Vortr a ä g e en auch manches-mal auf geschaut zuschauen , da ich die wie aus dem Zusammenhange des Vortrages aus dem Satzgefüge notwendigerweise notwendigen sich ergebenden Worte, auch ohne und die die im Manuskripte enthaltenen Worte sind ,mit dem Blicke bereits ergriffen ha tt b e. Ich kann da beeiden, dasses vollkommen ausgeschlossen ist, dass ich hiebei beim Vortrag vom 10. Januar 29 auch nur einWort improvisiert habe. Ich weise darauf, dass ein anderer Zeuge,ich glaube Löwy, sich auch ein Stenogramm angefertigt hat, das mitmeinem Vortrag vollkommen übereingestimmt hat bis auf eine 2 Stellen voll-kommen übereingestimmt hat. v.g.g.