163.3 Brief Samek an die Telegrafen-Direktion für Wien, Niederösterreich und Burgenland

Materialitätstyp:

  • Durchschlag

Sender

Oskar Samek
Schottenring
I., Innere Stadt
Datum: 1. Oktober 1931
Betreff: T D Zl. 18233/1931

Empfänger

An: die | Telegraphendirektion für Wien, | Nied.-Österreich und Burgenland
Wien
Seite von 2

Zu Ihrer Antwort vom 10. September möchte mein KlientHerr Karl Kraus mit aller Anerkennung des Erfolges, daß Sie seineBeschwerde „zum Anlaß genommen haben, versuchsweise eine techni-sche Anordnung einzuführen“, noch bemerken, daß ihn das ErgebnisIhrer Erhebungen, wonach Sie „eine Verletzung des dienstlichen Um-ganges des betreffenden Aufsichtsorganes nicht feststellen konn-ten“, keineswegs überrascht hat. Ebenso wenig die Feststellung, daßdas „an dem Vorfalle beteiligte Beamtenpersonal“ allgemein seineaußerordentliche Erregtheit“ wahrgenommen habe. Umsoweniger, alser diese Erregtheit selbst zugibt und sie als eine Begleiterschei-nung des telephonischen Verkehrs dort erklären möchte, wo die na-türliche Fähigkeit zu ihr vorhanden ist. Sie ist im Gegensatz zudem Verhalten des beteiligten Beamtenpersonals, das ja nicht nurin jedem dienstlichen Umgang den Vorzug der Autorität, sondern imtelephonischen auch den Vorteil der Anonymität genießt, in jedemFalle wahrnehmbar. Wollte man ganz theoretisch vermuten, daß nichtnur der Abonnent einer Ungebühr oder Kränkung gegenüber dem Beam-tenpersonal, sondern auch dieses einer solchen ihm gegenüber fähigwäre, so würde eine Feststellung, wie sie ihm gegenüber unschwergelänge, in solchem Falle schier unmöglich sein und eine noch soanerkannte Vertrauenswürdigkeit oder Wahrheitsliebe stets den Kür-zeren ziehen gegenüber den Aussagen von Amtspersonen, die ihmselbst unsichtbar bleiben. Mein Klient möchte dies nur ganz grund-sätzlich bemerken, ohne im Geringsten die Vertrauenswürdigkeit oderWahrheitsliebe des Aufsichtsorganes, das im vorliegenden Fallebefragt wurde, anzweifeln zu wollen, und ist selbstverständlich be-reit, ein Verhalten, das ihm ungebührlich erschien, auf den Ein-druck zurückzuführen, den die eigene, von ihm selbst zugegebene Er-regtheit ihm verursacht hat.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Kraus